Am 21.September 1974 sind Erhard Schelter und Volker Hameister entschlossen, von Boltenhagen aus schwimmend der DDR zu entkommen. Das Ziel: der Leuchtturm Dahmeshöved in Schleswig-Holstein.
Am 21.September 1974 sind Erhard Schelter und Volker Hameister entschlossen, von Boltenhagen aus schwimmend der DDR zu entkommen. Das Ziel: der Leuchtturm Dahmeshöved in Schleswig-Holstein.
Stab und Besetzung
Regie | Arend Aghte |
Autor | Arend Aghte |
Redaktion | Dirk Neuhoff |
Ihre Flucht über die Ostsee beginnt. Den ersten Kilometer legen sie schnorchelnd unter Wasser zurück, dann erst schalten sie die Taschenlampe ein, um einen Blick auf ihren Kompass zu werfen. Draußen geht eine hohe Dünung. Auf dieses Wetter haben die Männer wochenlang gewartet. Sie hoffen auf eine Meeresströmung, die sie auf die andere Seite der Lübecker Bucht bringen wird. Mit einer Leine sichern sie sich gegenseitig. Nach einer Stunde im elf Grad kalten Wasser bemerken die Flüchtenden, dass hinter ihnen an der Küste starke Scheinwerfer die Wasserfläche ableuchten. Später werden sie erfahren, dass ihre Flucht bereits entdeckt worden ist. Im zurückgelassenen Auto des Freundes wurden Erhard Schelters Betriebsausweis und sein Hausschlüssel gefunden. Jetzt sitzt den Flüchtenden die Angst im Nacken. Sie schwimmen mit vollem Einsatz. Draußen ist hoher Seegang. Zwischen Gischt und Wellenbergen droht ihnen der Verlust der Orientierung.
Nach weiteren zwei Stunden ist Volker Hameister am Ende seiner Kräfte - er wird ohnmächtig. Erhard Schelter legt dem Erschöpften einen Schwimmkragen um und schleppt ihn an der Leine durch die Ostsee. Am frühen Morgen werden Schelter und Hameister von den Passagieren einer Skandinavien-Fähre im Wasser entdeckt. Der Kapitän dreht bei, lässt ein Rettungsboot zu Wasser. Gleichzeitig nähert sich ein Vorpostenboot der Nationalen Volksarmee den beiden Schwimmern. Der Fluchtversuch droht im letzten Augenblick zu scheitern. Da meldet sich per Bordlautsprecher der westdeutsche Kapitän der Fähre und herrscht die DDR-Soldaten an, die Rettung der beiden Schwimmer in internationalen Gewässern nicht zu behindern. Mit einem waghalsigen Manöver drängt der Kapitän die DDR-Boote ab. Erhard Schelter und Volker Hameister werden gerettet.
Erhard Schelter heuert später bei der Reederei als Schiffselektroniker an und fährt bis heute auf Fähren über die Ostsee. Seine Frau und seinen Sohn musste er in der DDR zurücklassen. Beide litten bis zu ihrer Ausreise 1978 unter starken Repressalien durch den Staat. Die Spur von Volker Hameister verliert sich. Mit einem Segelboot soll er in den 1980er-Jahren in die Karibik gesegelt sein.
In diesem Dokudrama erzählt Erhard Schelter, wie er die Flucht plante, wie er sie erlebte und weshalb er die DDR verlassen wollte. Schelter hatte seit seiner Jugend den Traum, auf Schiffen um die Welt zu fahren. Mehrere Bewerbungen bei der Marine scheitern am DDR-Apparat. Schelter gilt als unangepasst und unzuverlässig. In der Anwerbung durch die Stasi sieht Schelter dann seine Chance, doch noch seinen Traum zu verwirklichen - ohne Erfolg. Heute erzählt Schelter, er habe die Stasi nur mit Banalitäten versorgt. Laut seiner IM-Akte im Archiv der "Jahn-Behörde" verzichtet die Stasi nach einiger Zeit auf Schelters Berichte, weil er dem Geheimdienst zu unzuverlässig ist.
Autor und Regisseur Arend Agthe hat Schelter und seine Familie über mehrere Monate interviewt. Diese Gespräche bilden die Grundlage des Films. Archivbilder aus den 1960er- und 1970er-Jahren geben einen Einblick in das Leben in der DDR und zeigen, in welcher Zeit Schelter aufwuchs. Hochwertige Spielszenen rekonstruieren Schelters Vorbereitungen und die Flucht über das Meer. Der Film wurde im Sommer 2011 an den Originalschauplätzen in Boltenhagen und Umgebung gedreht mit Unterstützung der NDR Musik- und Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern und der Kulturellen Filmförderung Mecklenburg-Vorpommern.
programm.ARD.de © rbb | ARD Play-Out-Center || 28.11.2023