Mitten in der Wüste liegt eine Stadt der Gärten. Marrakesch, die alte Handelsstadt am Atlasgebirge, entstand aus einer Oase. Sie wuchs mit ihren Gärten und wurde mit ihnen reich.
Mitten in der Wüste liegt eine Stadt der Gärten. Marrakesch, die alte Handelsstadt am Atlasgebirge, entstand aus einer Oase. Sie wuchs mit ihren Gärten und wurde mit ihnen reich.
Stab und Besetzung
Regie | Veronika Hofer |
Marrakesch, die alte marokkanische Handelsstadt am Rande des Atlasgebirges, ist erstaunlicherweise eine Stadt der Gärten. Wasser und Schatten sind Elemente, die in diesem Klima Luxus bedeuten und gerade in Gärten eine wichtige Rolle spielen.
In der Palmeraie, einem Hain aus 150.000 Dattelpalmen, der sich an der Stadt entlang zieht, liegt die Villa von Benchâabane Abdelrazzak. Er hat seinen Garten traditionell angelegt, mit Oliven- und Orangenbäumen und langen Reihen von Rosen. Sie umschließen ein grünes Wasserbassin, Pfauen wandern durch den Schatten auf der langen Achse zum Sommerpavillon, dessen Fenster und Terrasse nach Norden schauen. So bietet er immer Schutz vor der Sonne. Benchâabane Abdelrazzak ist der Gartenexperte Marrakeschs. Mit seinen Studenten unternimmt er immer wieder Exkursionen an die Orte, an denen alles begann: in die großen Gartenanlagen "Agdal" und "Menara". Diese Oliven- und Zitrusplantagen erstrecken sich über Dutzende Hektar und haben in ihrer Mitte Wasserbecken in der Größe kleiner Seen. Die Anlagen gehen auf das 11. Jahrhundert zurück. Damals entstand die ausgeklügelte Wasserversorgung, die seither in unterirdischen Kanälen das Wasser aus dem Hohen Atlas nach Marrakesch leitet.
Ebenso lange spielen Gärten auch eine Rolle im Gewirr der Stadt, in den Souks und engen Gassen. Zu einem Riad, einem großen Stadthaus, gehören ein Innenhof, in dessen Mitte ein Brunnen sprudelt, und vier Beete, deren Bäume Schatten spenden. Diese ruhigen und pittoresken Innenhöfe sind Oasen im hektischen Getriebe der Stadt. Viele Stadt-Gärten sind in den letzten Jahrzehnten verloren gegangen. Die lokale Organisation "Terre des jeunes" bildet junge Schulabbrecher zu Gärtnern aus und vermittelt ihnen Arbeitsplätze. Häufig in von Europäern gekauften und restaurierten Riads oder in Gärten großer Hotels.
Ein besonders luxuriöses Gästehaus betreibt der aus Italien stammende Prinz Fabrizio Ruspoli. Seine Gartenleidenschaft findet nicht nur in den Hotelanlagen ihren Ausdruck, sondern vor allem in seinem privaten Garten. Endlos lange, filigrane Wasserkanäle durchschneiden die einzelnen Gartenräume, eine Kaskade ergießt sich über einer schattigen Pflanzenwand, ein feiner Holzpavillon ist so geschnitzt, dass immer ein Luftzug das Innere kühlt, und ein Turm mit einer Dachterrasse erlaubt einen atemberaubenden Blick über den Palmenhain.
Der bekannteste Garten Marrakeschs wurde ebenfalls von einem Europäer geschaffen. Der französische Maler Jacques Majorelle legte den Jardin Majorelle in den 20er Jahren an. Vor allem das leuchtende Blau seiner Gebäude und die Dekorationsfreude machen diesen Garten zum beliebten Fotomotiv und Touristenmagnet.
Doch für die meisten Einwohner Marrakeschs ist dieser Luxus unerreichbar. Sie kämpfen um ihre Existenz. Ein Schulgartenprojekt möchte ihnen die Gartenkultur der Stadt näherbringen. Aus staubigem und verwahrlostem Brachland werden dabei Nutzgärten, deren Ertrag die Schulküche täglich mit frischem Gemüse versorgt. Die Schulkinder lernen Gärtnern und können so Anschluss finden an die Tradition der Gärten von Marrakesch. Wasser und Wüste, Sonne und Schatten, Tradition und Moderne - die Gärten von Marrakesch helfen, die Stadt und ihre Bewohner zu verstehen.
programm.ARD.de © rbb | ARD Play-Out-Center || 10.06.2023