• 25.02.2018
      21:15 Uhr
      Wie der Südwesten wohnte SR Fernsehen
       

      Wohnen im Südwesten wird immer teurer. Die Mieten verschlingen einen Großteil des Einkommens der Menschen. Hohe Mietpreise erreichen inzwischen auch den ländlichen Raum. In manchem Dorf, das im Einzugsgebiet einer attraktiven Stadt liegt, steigen die Mietpreise ebenso rasant wie in den Metropolen. Wie konnte es dazu kommen? Der Film begibt sich auf Spurensuche in der Geschichte.

      Sonntag, 25.02.18
      21:15 - 22:45 Uhr (90 Min.)
      90 Min.
      Stereo

      Wohnen im Südwesten wird immer teurer. Die Mieten verschlingen einen Großteil des Einkommens der Menschen. Hohe Mietpreise erreichen inzwischen auch den ländlichen Raum. In manchem Dorf, das im Einzugsgebiet einer attraktiven Stadt liegt, steigen die Mietpreise ebenso rasant wie in den Metropolen. Wie konnte es dazu kommen? Der Film begibt sich auf Spurensuche in der Geschichte.

       

      Während der Kaiserzeit wurden Wohnungen vor allem für Wohlhabende gebaut. Hans Lehmann wohnt in einem der prächtigen Bürgerhäuser im Freiburger Stadtteil Wiehre. Erbaut wurde es Ende der 80er Jahre im 19. Jahrhundert für den gehobenen Mittelstand, Arbeiter hingegen wohnen zu dieser Zeit meist unter ärmlichen Bedingungen. Vereinzelt schaffen Arbeitgeber Abhilfe, so in Weil am Rhein, wo die Eisenbahnverwaltung eine Gartenstadt für ihre Angestellten mitfinanziert: Licht, Luft und Sonne sollte auch den einfachen Arbeitern zugutekommen. Auf dem Land ändert sich nur wenig, hier wohnen mehrere Generationen unter einem Dach. Bei der Familie Lauby in Oberried bei Freiburg ist es heute nicht anders: Drei Generationen leben auf ihrem Schwarzwaldhof.

      In der Weimarer Republik entsteht im Rahmen eines Notstandsprogramms das Stuttgarter "Eiernest". Gunter Reich ist dort geboren und wohnt heute noch dort. Er erinnert sich, mit wie wenig Wohnkomfort man damals zufrieden war. Bau-Genossenschaften werden nach dem Ersten Weltkrieg Krieg zu einer wichtigen Stütze des Staates. In den 20er Jahren entsteht aber auch eine neue Architekturströmung: das "Neue Bauen". Aus ihr gehen viele neue Siedlungen hervor, so auch die Ebert-Siedlung in Ludwigshafen. Es war die modernste Siedlung ihrer Zeit, wie Peter Nauert schildert, der dort wohnt und 25 Jahre als Wohnungsverwalter gearbeitet hat.
      Nach dem Zweiten Weltkrieg ist die Wohnungsnot noch viel größer, besonders für Flüchtlinge und Vertriebene. In Aalen greifen sie zur Selbsthilfe, die Pelzwasensiedlung entsteht. Enno Riemer hat als Kind noch beim Bau mitgeholfen und Markus Mayer Wunderlich weiß noch heute die Gemeinschaft zu schätzen, die daraus hervorgegangen ist.

      In den 60er Jahren zieht sich der Staat aus der Regulierung des Wohnungsmarktes zurück, viele Menschen ziehen ins Eigenheim. Dagmar Hänel erklärt, wie die Technik, allen voran der Fernseher, unser Wohnen verändert hat. Die Innenstädte erleben einen Wandel: autogerecht und modern ist die Vision der Städteplaner. Auch an den Stadträndern wird groß gedacht und gebaut, viele Trabantenstädte entstehen, so auch der Emmertsgrund in Heidelberg. Das Wohnen dort erfordert viel soziale Kompetenz, wie Marion Klein sagt, die dort seit über 20 Jahren lebt.

      Im Rahmen von großen Stadtsanierungsprojekten sollen in den 70er Jahren auch ganze Wohnviertel abgerissen und neu aufgebaut werden. So das Karlsruher Dörfle, in dem Hella Reinecke aufgewachsen ist und wo sie heute immer noch lebt. Doch die 70er Jahre bringen die Wende für die Altstädte: Sie werden nun denkmalgerecht saniert und sind plötzlich wieder attraktiv, auch weil Studenten und Künstler frischen Wind in die Innenstädte bringen. Das zieht Spekulanten an, die nun mit modernisierten Altbauten viel Geld verdienen. Dagegen regt sich in den 80er Jahren Widerstand. Auch Anton Lutz aus Stuttgart schließt sich dem Protest der Hausbesetzer an.
      In den 90er Jahren sorgt der Abzug der alliierten Streitkräfte für riesige Areale, die nun für Wohnhäuser genutzt werden können. In Mannheim entsteht dort das Wohnprojekt "13 ha Freiheit", in dem Dario Becci seine neue Heimat gefunden hat.

      Aktuelle Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt haben viel mit den Grundstückspreisen zu tun, die immer weiter nach oben gehen, besonders seit die Immobilie in Zeiten niedriger Zinsen als Wertanlage entdeckt wurde. Ulrich Soldner vom Liegenschaftsamt Ulm weiß, wie eine Stadt Bodenspekulation verhindern kann. Doch es muss sich noch viel mehr ändern: Es wäre an der Zeit, dass Wohnungen wieder als Sozialgut und nicht mehr nur als Wirtschaftsgut betrachtet werden.

      Lange galt es als selbstverständlich, dass man mit einem durchschnittlichen Einkommen auch eine bezahlbare Wohnung findet. Das ist heute nicht mehr so und war auch schon vor über hundert Jahren nicht gewiss. Ob es ausreichend bezahlbaren Wohnraum gibt, so lehrt ein Blick in die Geschichte, hat immer auch damit zu tun, ob sich der Staat dafür einsetzt, dass es Wo

      hnungen zu zivilen Preisen gibt. Die 90-minütige Dokumentation "Wie der Südwesten wohnte" begibt sich auf Spurensuche und beleuchtet dabei auch auf unterhaltsame Weise den Wandel der Wohngewohnheiten.

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      Sonntag, 25.02.18
      21:15 - 22:45 Uhr (90 Min.)
      90 Min.
      Stereo

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