• 28.12.2012
      07:00 Uhr
      Wege aus der Finsternis (1/4) Von Rittern und Turnieren | phoenix
       

      Das Mittelalter ist Synonym für Aberglaube und Rückständigkeit, man denkt an Ritter, Tod und Teufel, an Pesthauch und Inquisition. Aber das "dunkle Zeitalter" hat nicht nur Schatten-, sondern auch Glanzseiten - das Mittelalter hat seinen schlechten Ruf zu Unrecht. Mit all den Klischees über diese angeblich so dunkle Epoche aufzuräumen, ist das Ziel des Vierteilers "Wege aus der Finsternis".

      Freitag, 28.12.12
      07:00 - 07:45 Uhr (45 Min.)
      45 Min.
      Stereo

      Das Mittelalter ist Synonym für Aberglaube und Rückständigkeit, man denkt an Ritter, Tod und Teufel, an Pesthauch und Inquisition. Aber das "dunkle Zeitalter" hat nicht nur Schatten-, sondern auch Glanzseiten - das Mittelalter hat seinen schlechten Ruf zu Unrecht. Mit all den Klischees über diese angeblich so dunkle Epoche aufzuräumen, ist das Ziel des Vierteilers "Wege aus der Finsternis".

       

      Ein Ritter zu Pferd ist so stark wie 80 bewaffnete Männer zu Fuß. Das machte die Ritter zum Kriegerstand des Mittelalters. Gut gerüstet zogen sie als Vasallen für ihre Lehnsherren in den Krieg und riskierten auch im Frieden auf Turnieren ihr Leben für Ruhm und Ehre und "das Lob schöner Jungfrauen und edler Damen". Von den Rittern haben wir Höflichkeit und Manieren gelernt, aber auch das Konkurrenzdenken. Einer von ihnen war unser Held, Don Antonio Fernandez Pacheco aus Portugal.

      Im Jahre des Herrn 1345 geht er auf "Grand Tour" durch Europa. Was bleibt ihm auch sonst, er ist zwar ein Edelmann, aber als zweitgeborener Sohn ohne Anspruch auf das Familienerbe - ein Ritter ohne Land und Leute. Deshalb will er sich auf Turnieren einen Namen machen, in Fehden und Kriegen seinen Unterhalt verdienen. Er gelobt, am Kreuzzug des Deutschen Ordens gegen die letzten Heiden Europas in Lettland teilzunehmen.

      Eine Burg in der Moderne
      Als Don Pacheco seine große Reise antritt, herrscht in ganz Europa ein regelrechter Boom im Burgenbau. Hunderte hat uns das Mittelalter hinterlassen, eine schöner und größer als die andere. In Guédelon in Frankreich wird heute eine Burg völlig neu erbaut - von Grund auf. Eine Großbaustelle wie im Mittelalter. Architekten, Handwerker, Historiker und Archäologen versuchen dabei herauszufinden, wie man mit den Werkzeugen und den Methoden des 14. Jahrhunderts arbeitete. Einfache Mittel, wie eine Schnur mit 13 Knoten, ersetzen teure optische Geräte und Computer. Und dennoch wird Präzisionsarbeit geleistet. Guédelon steht weltweit für ein einzigartiges Projekt.

      Von Turnieren und Crashtests
      Auf seiner Reise wagt es Don Pacheco, den Besten beim Lanzenstechen herauszufordern. Die Ritterturniere sind die Grands Prix des Mittelalters. Man weiß, da blieb mancher tot im Sand des Turnierfeldes. Aber warum? Schützen nicht die raffinierten und schweren Panzerrüstungen? Was für das Auge unsichtbar ist, zeigen High-speed-Kameras der Crash-Test-Anlage von Opel Rüsselsheim. Mit 2000 Bildern pro Sekunde ist ein Treffer mit der Lanze zu sehen, der den Ritter aus dem Sattel hebt. Jede Prellung, jeder Rippen-, jeder Wirbelbruch kann an dem Ritterdummy mit Elektroden gemessen werden. Der Versuchsleiter kommt zu überraschenden Erkenntnissen.

      Bei den Turnieren geht es nicht nur um Ruhm, Ehre und große Preisgelder. Sie sind zugleich Manöver für den Ernstfall, für Krieg und Kreuzzug. Nach dem Fall der letzten Kreuzfahrerburgen im Heiligen Land suchten die Ritter eine neue Betätigung. Der Deutsche Orden hatte 1231 mit der Eroberung Preußens, dem Land der Prussen, begonnen. Die Marienburg, eine der größten Burgen der Welt, war Sitz des Hochmeisters. Von dort organisierte er den "Heiligen Krieg" gegen Europas letzte Heiden. Alljährlich kamen Tausende Ritter aus ganz Europa, um an den lukrativen Treibjagden gegen die Heiden teilzunehmen. Auch Don Pacheco schließt sich den Deutschordensrittern an. Dörfer werden zerstört, die Einwohner gefangen; sie werden zwangsweise getauft und von den Rittern als Sklaven verschleppt.

      Die ritterlichen Tugenden
      Mit reichem himmlischen und irdischen Lohn macht sich Don Pacheco auf den Weg zurück in seine portugiesische Heimat. Er lernt die Abenteuer der Liebe kennen, das mittelalterliche Ideal der "Hohen Minne": einer edlen Frau "den Hof zu machen", sie selbstlos zu lieben, gilt als ritterliche Tugend. Im Hochmittelalter wird aus der Minne-Dichtung langsam Ernst: Männer lernen Frauen als ebenbürtig zu behandeln und sich höflich und ritterlich zu benehmen. Die Liebe hält Einzug in die Ehe.

      Die Schlacht von Crécy
      Bevor er aber heimkehren kann, folgt Pacheco dem Ruf der französischen Krone. Ein angelsächsisches Invasionsheer steht im August 1346 vor Paris. In der historischen Schlacht von Crécy muss Pacheco erleben, wie das französische Heer untergeht. Walisische Bauern holen die Elite der europäischen Ritterschaft mit ihren berüchtigten "long bows" - den Langbögen - vom Pferd. Die Zeiten des "ritterlichen" Kampfes sind mit der Schlacht von Crécy vorbei, das Rittertum geht militärisch seinem Ende entgegen. In ihren schweren Panzerrüstungen sind sie zu Dinosauriern geworden.

      Mehr als zwei Jahre war er unterwegs. Auch wenn er bleiben würde, was er war, ein Ritter ohne Land und Leute: Don Pacheco hatte sein Kreuzzugsgelübde erfüllt, sich einen Namen gemacht und die Welt gesehen.

      Wird geladen...
      Freitag, 28.12.12
      07:00 - 07:45 Uhr (45 Min.)
      45 Min.
      Stereo

programm.ARD.de © rbb | ARD Play-Out-Center || 28.03.2024