Im 16. Jahrhundert entwickeln die Europäer eine Markt- und Geldwirtschaft, die moderne kapitalistische Züge trägt. Zuvor waren die Preise festgelegt.
Im 16. Jahrhundert entwickeln die Europäer eine Markt- und Geldwirtschaft, die moderne kapitalistische Züge trägt. Zuvor waren die Preise festgelegt.
Stab und Besetzung
Redaktionelle Zustaendigkeit | Nina Koshofer |
Judith Voelker | |
Ursula Schlude |
Zunftordnungen, Marktgesetze oder Kaufmannsabsprachen verboten Konkurrenz und sicherten allen ein Auskommen. Es gab eine Vorstellung darüber, welchen Wert eine Ware hat und was ein gerechter Preis dafür ist.
Die Hanse als Handelorganisation alter Tradition (seit 1157) ist ein Beispiel für ein wirtschaftliches Auslaufmodell. Sie hatte europäische (Ostsee-)Städte verbunden, die sich auf konkurrenzfreien Abkommen ihren Handelsraum absteckten. Um 1500 verliert die Hanse zunehmend ihre Monopolstellung und auch Wilhelm Brömse, einer der Protagonisten dieser Folge, der für das alte System der Hanse steht, wird Opfer der Umstände. Seine Verhaftung 1494 ist Zeichen für die wachsende Übermacht neuer, stärkerer Mächte, gegen die die Hanse machtlos ist.
Ab dem 16. Jahrhundert geht es nun nicht mehr darum, ein Auskommen zu haben, sondern systematisch Profit zu erzielen: alles wird einer neuen rationalen Kosten-Nutzen-Analyse unterzogen. Ab jetzt bestimmt der Markt, also das Wechselspiel von Angebot und Nachfrage, die Preise. Das Stände- und Zunftsystem, in dem die Menschen bisher gearbeitet haben, bricht auf. Bisher wusste jeder, wo sein Platz ist; doch nun herrschen Ungewissheit und Konkurrenz - aber auch Freiheit.
Bisher haben die Menschen investiert und gespart. Jetzt bestimmen neue Werte ihr wirtschaftliches Handeln: Konsumieren und Repräsentieren zum Beispiel, es darf geprotzt werden. Ein heute alltägliches Modebewusstsein entsteht: Kleidung wird üppiger und schneller wieder unmodern.
Es eröffnen sich neue Märkte und entwickeln sich neue Technologien: Etienne Turquet, geboren 1494, etabliert die Seidenindustrie in Lyon. Er beginnt die Maschinisierung der Industrie und beschäftigt Waisenkinder als Arbeiter, wodurch er hohe Gewinne durch geringe Kosten erzielen kann. So versorgt er einerseits die Unterschicht in Lyon und kämpft gegen Armut, nutzt aber andererseits Menschen für seinen persönlichen Profit aus.
Spielten Risiko und Risikobereitschaft bisher kaum eine Rolle, bestimmen sie jetzt das Geschäft. Alles wird zur Ware, auch das Geld selbst, das bisher reines Tauschmittel war. Banken, Börsen und Wechsel entstehen und werden zu den wichtigsten neuen Wirtschaftssäulen.
Jakob Fugger, geboren 1459 in Augsburg und genannt Jakob Fugger der Reiche, war ein Gewinner dieser Entwicklung und wurde zu Europas reichsten und bedeutendsten Kaufmann und Bankier des 16. Jahrhunderts. Er repräsentiert den neuen Typus des Unternehmers, indem er Handel und Bankwesen miteinander verknüpft und seine wirtschaftliche Macht einsetzt, um Einfluss auf die Politik zu nehmen. Jakob Fugger strebte ungeheuren Reichtum an - Geldvermehrung wird bei ihm zum Selbstzweck.
Der Fernhandel zwischen Orient und Okzident entwickelt sich zu einem Weltwirt-schaftssystem. Die Art und Weise, wie im 16. Jahrhundert produziert und vermarktet wird, setzt die Regeln der bisherigen Ökonomie außer Kraft - der Kapitalismus hält Einzug. Neue, bis heute umstrittene Werte und Mentalitäten, entstehen.
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