Der junge Philosoph und Moderator Raphaël Enthoven zieht eine Linie von der Vergangenheit zur Gegenwart und verbindet die vermeintlich trockene Literatur der großen Philosophen mit aktuellem Zeitgeschehen.
Zu Gast:
Der junge Philosoph und Moderator Raphaël Enthoven zieht eine Linie von der Vergangenheit zur Gegenwart und verbindet die vermeintlich trockene Literatur der großen Philosophen mit aktuellem Zeitgeschehen.
Zu Gast:
Stab und Besetzung
Regie | Philippe Truffault |
Gast | Elise Domenach |
Kino ist die Kunst unseres Jahrhunderts. Es lehrt uns, zu sehen und durch die Kraft der Bilder neue Welten zu erschließen. Zunächst einmal ist das Kino die Kunst der bewegten Bilder, die den Fluss des Lebens widergeben. Man denke nur an die Anfänge des Kinos, als Muybridge den Bildern das Laufen lernte.
Bereits im Jahr 1907 setzt sich Henri Bergson in seiner Schrift "Schöpferische Entwicklung" intensiv mit dem Kinematographen auseinander. Er kritisierte jedoch am Medium Film, dass es die Realität nur vortäusche und sozusagen reine Illusion sei. Aber suchen wir nicht gerade das, wenn wir ins Kino gehen? Möchten wir nicht gerade dann die Wirklichkeit vergessen und ganz in der kollektiven ästhetischen Erfahrung aufgehen?
In seinem wohl besten Film treibt Woody Allen diesen Wunsch auf die Spitze: In "The Purple Rose of Cairo" träumt eine von Mia Farrow gespielte Frau davon, in eine Kinoleinwand hineinzusteigen, da sie sich in einen Filmhelden verliebt. In seinem neuesten Film "Whatever Works" fällt das Fazit dann völlig anders aus: Die wahre Liebe und das wahre Leben ist das, was real greifbar und letztlich - wie der Filmtitel suggeriert - machbar ist, nicht etwa die Traumwelt, die uns vom Kino gezeigt wird.
Ausgehend von Woody Allen kommen Raphaël Enthoven und sein heutiger Gast, die Filmdozentin Elise Domenach, auf verschiedenste Filmtheorien zu sprechen, angefangen bei Gilles Deleuzes Schrift "Das Bewegungsbild" bis hin zu Stanley Cavells "The World Viewed".
Klar wird dabei, dass das Kino einerseits eine Kunst ist, die ständig über sich selbst nachdenkt, andererseits aber auch selbst Gedanken auf die Leinwand projiziert. Der Film kann somit als eine philosophische, ja existenzielle Kunst begriffen werden und zugleich als ein Kind der Industriegesellschaft - und damit ist er im Grunde genommen so widersprüchlich wie der Mensch selbst.
Elise Domenach ist Dozentin für Filmwissenschaften an der "École Normale Supérieure" (ENS) in Lyon und gehört dem Leitungsgremium der Pariser ENS an, wo sie für das Fach Film zuständig ist.
Sie ist selbst Absolventin der Kaderschmiede der ENS Paris und promovierte im Fach Philosophie mit Forschungsschwerpunkt moderne angloamerikanische Philosophie. Sie ist Herausgeberin und Mitübersetzerin verschiedener Werke von Stanley Cavell, darunter "Pitch of Philosophy", und publiziert in Fachzeitschriften. Demnächst erscheint in Frankreich ihr Werk "Stanley Cavell, le scepticisme et le cinéma".
Diese Sendung können Sie bereits sieben Tage vor der Ausstrahlung unter www.arte.tv/philosophie sehen.
programm.ARD.de © rbb | ARD Play-Out-Center || 01.10.2023