In trostlosen Wiener Wohnsiedlungen - wo sich architektonische Hässlichkeiten aneinanderreihen - folgt der österreichische Regisseur Ulrich Seidl Menschen, die ihre Einsamkeit durch die Liebe zu ihren Haustieren kompensieren.
In trostlosen Wiener Wohnsiedlungen - wo sich architektonische Hässlichkeiten aneinanderreihen - folgt der österreichische Regisseur Ulrich Seidl Menschen, die ihre Einsamkeit durch die Liebe zu ihren Haustieren kompensieren.
Stab und Besetzung
Herr mit Hund | Hubert Scholz |
Herr mit Hund | Ernst Schönmann |
Bettler | Franz Holzschuh |
Bettler | Erich Wögerer |
Haftentlassener | Fritzi Schmied |
Freundin des Haftentlassenen mit Frettchen | Gabi Tairi |
Scheidungspaar mit Hund | Christina Yildiz |
Scheidungspaar mit Hund | Frank Dolesch |
verlassene Ehefrau | Gerti Zieger |
Schauspielerinmit Husky | Stefanie Renée Felden |
einsamer Mann | Peter Kristek |
Regie | Ulrich Seidl |
Drehbuch | Ulrich Seidl |
Kamera | Michael Glawogger |
Hans Selikovsky | |
Peter Zeitlinger | |
Produktion | Erich Lackner |
Hans Selikovsky | |
Erich Lackner | |
Hans Selikovsky | |
Schnitt | Michael Glawogger |
Christof Schertenleib |
Da sind etwa die beiden alleinstehenden Rentner, die sich ihren Schäferhund per Inserat aus dem Tierheim holen, sich über die Erziehung des Tieres jedoch nie einigen können und schlussendlich von beiden Seiten an dem Tier zerren. Oder die beiden Habenichtse, die niedliche Kaninchen für ihre Betteltouren brauchen, aber zugleich mit den Tieren schmusen, als seien sie Menschen. Außerdem ist da der eben entlassene Sträfling, der seinen Unmut über die nicht mehr funktionierende Beziehung zu seiner Freundin an ihrem Frettchen auslässt. Ein Paar, das sich die Tiere zum Vorbild nimmt, um wieder zu den eigenen, ursprünglichsten Trieben zurückzufinden. Und schließlich eine Schauspielerin, die ihrem Husky die Liebesbriefe ihres verschwundenen Geliebten vorträgt ...
Enttäuschung und Resignation kennzeichnen die Schicksale. Frustrierende Erfahrungen haben den Glauben an die (Mit)-Menschen erschüttert. Die Tiere sind zu den einzigen Ansprechpartnern geworden. Stoisch ertragen sie die Liebe ihrer verzweifelten Herrchen und Frauchen.
"Die sprechen nicht zurück", war die Kernaussage von Seidls Vorgängerfilm "Die letzten Männer", in dem österreichische Männer über ihre Vorliebe zu thailändischen Frauen aus dem Katalog sinnierten. Auch Haustiere sprechen nicht zurück und sind vielleicht gerade deshalb oft Ersatz für verloren gegangene menschliche Nähe - Seelenpartner in einer Ellenbogengesellschaft, in der das "homo homini lupus" - der Mensch ist des Menschen Wolf - mehr denn je gilt. In mitunter abstoßenden, aber zugleich vollendet durchkomponierten Tableaus erkundet Seidl mit seinem Kameramann Michael Glawogger, der selbst mittlerweile erfolgreich ins Regiefach gewechselt ist, Abgründe der menschlichen Einsamkeit.
Der Film geht mit seinen Protagonisten ebenso schonungslos um wie mit den Zuschauern. Dabei bedient er sich einer Mischform aus dokumentarischem Material und gestellten Szenen, in denen die Tierhalter ihre eigene Situation nachspielen und vom Filmemacher in authentischer Umgebung in Szene gesetzt werden. Mitunter bringen einen so viel fehlgeleitete Liebe, die abgrundtief hässlichen Wohnzimmereinrichtungen und Frisuren einfach zum Lachen; doch angesichts der tiefen Ernsthaftigkeit des Films bleibt einem so manches Lachen im Halse stecken. Wenn zum Beispiel zwei verlassene Frauen ihren Hunden aus dem Tagebuch oder den Liebesbriefen der verschwundenen Männer vorlesen, bleibt nur noch bodenlose Traurigkeit - keine Häme. So wurde denn auch der Film seinerzeit mit dem Werner Herzog zugeschriebenen Zitat beworben: "Noch nie habe ich im Kino so geradewegs in die Hölle geschaut".
Ulrich Seidl ist einer der bekanntesten und kontroversesten Filmemacher Österreichs. Seine Spielfilme "Hundstage" und "Import / Export" liefen in den Wettbewerben der Filmfestspiele von Venedig und Cannes und wurden mit vielen Auszeichnungen prämiert.
programm.ARD.de © rbb | ARD Play-Out-Center || 30.03.2023