• 28.08.2012
      20:15 Uhr
      Spenderorgan gesucht... Warum das Geben so schwer fällt - "Menschen hautnah" | tagesschau24
       

      "Hinstellen, Torben, möglichst gerade, und los geht's." Die Krankenschwester drückt auf eine Stoppuhr. Mühsam erhebt sich der 12-Jährige aus seinem Rollstuhl und schleppt sich Schritt für Schritt voran. Was sich für ihn wie ein Marathonlauf anfühlt, sind zehn Meter Krankenhausflur. Dann sinkt er gegen die weiße Wand. Hustet. "Ich kann nicht mehr", flüstert Torben leise. Seit über zwei Jahren ist Torben schwer krank. Er leidet an einer Immunkrankheit, die seine Organe zerstört. Wenn er nicht bald eine neue Lunge bekommt, wird er ersticken. Doch viele, die wie Torben auf ein neues Organ warten, sterben, bevor sie eines bekommen.

      Dienstag, 28.08.12
      20:15 - 21:00 Uhr (45 Min.)
      45 Min.
      Stereo

      "Hinstellen, Torben, möglichst gerade, und los geht's." Die Krankenschwester drückt auf eine Stoppuhr. Mühsam erhebt sich der 12-Jährige aus seinem Rollstuhl und schleppt sich Schritt für Schritt voran. Was sich für ihn wie ein Marathonlauf anfühlt, sind zehn Meter Krankenhausflur. Dann sinkt er gegen die weiße Wand. Hustet. "Ich kann nicht mehr", flüstert Torben leise. Seit über zwei Jahren ist Torben schwer krank. Er leidet an einer Immunkrankheit, die seine Organe zerstört. Wenn er nicht bald eine neue Lunge bekommt, wird er ersticken. Doch viele, die wie Torben auf ein neues Organ warten, sterben, bevor sie eines bekommen.

       

      Deshalb wird der Bundestag in diesen Wochen über ein neues Transplantationsgesetz beraten. Durch eine neue Regelung soll die Bereitschaft zur Organspende steigen. Künftig soll jeder ab seinem 16. Lebensjahr befragt werden, ob seine Organe nach seinem Tod entnommen werden dürfen. Nach seinem Tod?

      "Mein Junge war noch warm, er hat geatmet, er sah aus, als ob er schläft ..." Renate Greinert hat ihren Sohn bei einem Autounfall verloren. Lange hatte sie gehofft, er würde überleben, doch dann teilten die Ärzte ihr mit, ihr Sohn sei tot. Hirntot. Ob sie sich vorstellen könne, seine Organe zu spenden. "Wenn wir helfen können", sagte ihr Mann. Das Ehepaar stimmte zu - und bereut diese Entscheidung bis heute. Vor allem Renate Greinert leidet besonders: "Ich habe dieser Definition geglaubt." Der, dass mit dem Hirntod der Tod eingetreten sei. Abschied nahm sie aber von einem Sterbenden. "Er hätte gewollt, dass wir, seine Eltern und seine Schwester, bei ihm sind. Ihn begleiten bis zum letzten Atemzug. Ich hätte ihn schützen müssen." Sie habe als Mutter versagt und das verzeihe sie sich nie.

      Hilal Yahya, Neurochirurg und Transplantationsbeauftragter am Klinikum Duisburg, ist der festen Überzeugung, dass ein Mensch, der den Hirntod erleidet, tot ist. Seine Aufgabe ist es, den Hirntod festzustellen und Angehörige so behutsam wie möglich mit der Frage nach einer Spende zu konfrontieren. "Das ist ein schwerer Moment, auch für mich, aber ich halte diesen Weg für notwendig." Yahya befürwortet die neue Regelung, damit die Angehörigen nicht in der akuten Situation mit dieser schweren Entscheidung belastet werden.

      "Die Aufklärung über den Hirntod, darüber, was und wann bei der Organentnahme gemacht wird, findet nur ungenügend statt", meint der Fachjournalist und Arzt Werner Bartens. Weder potentielle Organspender noch die Angehörigen wüssten, was diese Entscheidung tatsächlich für sie bedeutet. Er hält die neue Regelung für eine Mogelpackung - für eine PR-Aktion von Politikern, die zeigen wollen, dass sie was tun. An einen positiven Effekt glaubt er nicht. Und es werde verschleiert, dass Patienten mit den neuen Organen unter Umständen nur wenige Jahre leben können. Dass sie lebenslang teure Medikamente nehmen müssten, an denen die Pharmaindustrie verdiene. "Die Organspende ist eine gute Sache", sagt er, aber man dürfe die Menschen nicht über all das im Ungewissen lassen.

      Autorin Justine Rosenkranz hätte gerne eine Lösung, auch für sich. Sie geht allen Fragen nach, auf beiden Seiten. Sie lernt Torben kennen, sein Leid und das seiner Familie. Sie begreift das Trauma der Greinerts. Sie hört die Einwände der Kritiker. Sie lernt die Arbeit der Transplantationsmediziner kennen. Und kommt zu dem Schluss: Die Spende eines Organs bleibt eine schwere, eine einsame Entscheidung...

      Ein Film von Justine Rosenkranz.

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      Dienstag, 28.08.12
      20:15 - 21:00 Uhr (45 Min.)
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