• 14.12.2018
      21:15 Uhr
      Panorama Berichte - Analysen - Meinungen | tagesschau24
       

      Thema:

      • Smartphones: Verdaddeln wir unser Leben?

      Der Streit ums Handy wird fast überall in Deutschland ausgetragen: Wer kontrolliert wen? Handy in der Schule - ja oder nein? Doch an der Digitalisierung kommen wir nicht vorbei - auch nicht in der Schule.

      Moderation: Anja Reschke

      Freitag, 14.12.18
      21:15 - 21:45 Uhr (30 Min.)
      30 Min.

      Thema:

      • Smartphones: Verdaddeln wir unser Leben?

      Der Streit ums Handy wird fast überall in Deutschland ausgetragen: Wer kontrolliert wen? Handy in der Schule - ja oder nein? Doch an der Digitalisierung kommen wir nicht vorbei - auch nicht in der Schule.

      Moderation: Anja Reschke

       

      Auf dem Schulhof der Kastanienbaumgrundschule in Berlin-Mitte ist es ziemlich laut. Kinder spielen Fangen, rennen über den Innenhof, und manche schreien so laut und grell, dass es fast in den Ohren wehtut. Doch der zwölfjährigen Sarwien gefällt der Lärm: "Ich finde es gut, dass hier nicht alle auf ihr Handy gucken, sondern miteinander spielen." Denn dass es so laut ist, liege auch am Handyverbot, da ist Sarwien sich sicher. Zu Hause "hänge ich sehr viel am Handy", gibt sie zu: Videos auf YouTube, eigene Musikvideos drehen, vier Stunden am Tag verbringe sie so. Oft nimmt ihr Vater irgendwann ihr Handy weg. Dann gibt es Handyverbot für den Rest des Abends.

      Dieser Streit ums Handy wird fast überall in Deutschland ausgetragen, in beinahe jeder Familie. Eltern gegen Kinder - dazwischen steht das Smartphone. Ein Gerät, das Fluch und Segen zugleich ist und an dessen Anziehungskraft Eltern und Kinder gemeinsam verzweifeln. Muss ich mein Kind kontrollieren, bevor das Handy mein Kind kontrolliert? Ab welchem Alter sollen Kinder ein eigenes Handy haben? Und vor allem: Soll das Handy in der Schule erlaubt werden?

      Die Erwachsenen sind sich da ziemlich einig. Laut einer Umfrage des "Spiegels" sind 86 Prozent aller Deutschen für ein generelles Handyverbot an der Schule. In Frankreich gibt es das, Bayern als Bundesland hat eine entsprechende Regelung aufgesetzt. Auch Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Deutschen Lehrerverbands, hat sich für ein Verbot ausgesprochen. Und ein großer Chor von Kritikern stimmt regelmäßig mit ein, bemüht Studien und Statistiken, um Untergangsszenarien zu entwerfen.

      Doch Alexander Baldus, Lehrer an der Kastanienbaumschule, ein junger engagierter Typ mit Vollbart, grauem Skateboard-Sweater und weißen Sneakern, probiert genau das aus. Drei Tage lang gibt er Projektunterricht, in dem die Kinder Pro- oder Kontra-Argumente fürs Handy in der Schule sammeln sollen und am Ende in einem kleinen Film umsetzen - gedreht mit dem Handy. Baldus, 30 Jahre, findet, man müsse das Handy unbedingt in den Unterricht einbeziehen. "Es ist im Alltag der Kinder dauerpräsent. Zu Hause lernen viele den bewussten Umgang damit nicht", sagt er. Zum Anfang des Projekts lässt Baldus die Schüler der 6A abstimmen. Eine knappe Mehrheit ist gegen ein Verbot. "Das Handy zieht mich einfach irgendwie an", sagt Lara (11). Warum das so ist, kann sie selbst nicht erklären. Die Schüler führen die Debatte offensichtlich nicht zum ersten Mal, sie haben Argumente parat. "Nur wenn wir das Handy im Unterricht benutzen, können wir einen verantwortungsbewussten Umgang mit dem Gerät lernen", begründet Fritz (11).

      Ein Argument, das der Initiative "Digitale Bildung trifft Schule" (Digibits) sicher gefallen würde. Sie unterstützt das Projekt an der Schule, dahinter stehen Mitglieder wie Facebook oder der Handyhersteller Huawei, Schirmherr ist das Bundesinnenministerium. Digibits produziert Lehrmaterialien, die Lehrern zeigen, wie sie Tablets und Smartphones im Unterricht einsetzen können, egal ob in Mathe oder Deutsch. So etwa steht es auch in der Digitalstrategie der Kultusministerkonferenz: Es solle kein "eigenes Fach gegründet" werden, die Digitalisierung solle "integrativer Teil der Fachcurricula aller Fächer" werden. Die Kastanienbaumschule probiert hier also das aus, was bald in ganz Deutschland Standard sein soll.

      Prominentester Gegner dieses Ansatzes ist Manfred Spitzer, Professor für Neurowissenschaft aus Ulm. In seinem Buch "Die Smartphone-Epidemie" vergleicht er die Geräte gerne mit Heroin oder Alkohol. Mit einem Unterschied: "Die gesundheitlichen Auswirkungen von Smartphones sind weitaus größer", schreibt er. Das Smartphone, eine Art Superdroge, überall erhältlich und hochgradig abhängig machend. Der Einsatz an Schulen sei demzufolge so etwas wie ein staatlich verordnetes Suchtprogramm. Das ist in etwa die Kampflinie bei dem Thema.

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