• 08.06.2011
      16:00 Uhr
      alpha-Campus Die Renaissance der Religionen - gesellschaftliche Kraft der Postmoderne? | ARD alpha
       

      Allein in den letzten 5 Jahren traten in Deutschland über 1,3 Millionen Menschen aus ihren Kirchen aus. Dennoch sprechen manche Wissenschaftler von einer Wiederkehr der Götter und einer Rückkehr der Religion. Gibt es eine neue Religiosität?

      Mittwoch, 08.06.11
      16:00 - 16:30 Uhr (30 Min.)
      30 Min.
      Stereo

      Allein in den letzten 5 Jahren traten in Deutschland über 1,3 Millionen Menschen aus ihren Kirchen aus. Dennoch sprechen manche Wissenschaftler von einer Wiederkehr der Götter und einer Rückkehr der Religion. Gibt es eine neue Religiosität?

       

      Das wollen Ethnologen, Soziologen, Psychologen und Religionswissenschaftler herausfinden: An der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt untersuchen sie in einer Forschungstagung, wie religiös die Deutschen heute sind, insbesondere die Jugendlichen. Ihre Frage: Da die Kirchen immer weniger Einfluss darauf haben, wie die Menschen denken und glauben, wer bestimmt es dann? Und: Hat das Folgen für unsere Gesellschaft, deren Wertvorstellungen bislang durch die christlich-abendländische Kultur geprägt wurden?

      Grundlage für die Wissenschaftler in Eichstätt sind die Ergebnisse des sogenannten Religionsmonitors aus dem Jahr 2008, für den eine Forschergruppe das Phänomen Religiosität untersucht hat. Weltweit wurden 21 000 Menschen befragt, in Deutschland etwa 1000. Das Ergebnis ist ein dickes Buch mit Daten, die so noch nie erhoben wurden. Der Bochumer Psychologe und Religionswissenschaftler Stefan Huber hat dazu den Fragen-Katalog entwickelt. Gefragt wurde zum Beispiel nach dem Sinn des Lebens, nach Gottesvorstellungen, aber auch, wie sich bei den Befragten die Religion auf Lebensbereiche wie Kindererziehung und Partnerschaft, oder auf politische Einstellungen auswirkt. Der Religionsmonitor hat so herausgefunden, dass 70% der Menschen in Deutschland in irgendeiner Weise religiös sind. Sie bauen ihren Glauben aus Elementen eines breiten Spektrums von religiösen Traditionen und Weltanschauungen zusammen. Sie bedienen sich sowohl aus den etablierten Religionsgemeinschaften, wie den Evangelischen Kirchen und der Katholischen Kirche, aus anderen Weltreligionen als auch aus den vielen Strömungen der Esoterik. Die restlichen 30 Prozent der Deutschen halten sich weder für religiös noch für spirituell, sie glauben laut der Untersuchung des Religionsmonitors nicht an einen Gott.

      Als religiös bezeichnet der Religionsmonitor alle Menschen, die Religion nicht ablehnen, sondern religiöse Zusammenhänge irgendwie einzuordnen wissen. Sie müssen sich nicht unbedingt zu einer Glaubensgemeinschaft oder einer religiösen Richtung bekennen. Diese Menschen beziehen ihre Art von Lebensdeutung, ihre Idee des Übersinnlichen, und Göttlichen aus sehr viel mehr Quellen, als den herkömmlichen großen Religionen. Aus diesem Mix wachsen neue Formen der Religionsausübung. Für die Forscher in Eichstätt ist das der Grund, die Definition von Religiosität weiter zu fassen. Bisher setzten viele Wissenschaftler Religiosität mit der Zugehörigkeit zu einer Glaubensgemeinschaft nahezu gleich. Die Eichstätter Religionswissenschaftler bezeichnen nun auch solche Menschen, die sich ihre Religion aus mehreren religiösen Traditionen sowie aus Natur- und Humanwissenschaften zusammenbauen als religiös.

      Während Wissenschaftler wie der Münchner Soziologe Prof. Dr. Armin Nassehi nicht glauben, dass Religion in der Gesellschaft heute noch eine bestimmende Rolle spielt, kommen die Wissenschaftler an der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt zu einem ganz anderen Schluss: Sie glauben, dass die von ihnen neu definierte Religiosität, die alle Weltanschauungen einschließlich der Esoterik beinhaltet, die Gesellschaft in gleichem Maße prägt wie die traditionelle Religiosität. In welcher Form das wollen sie noch herausfinden.

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