Stab und Besetzung
Produktion | Katja Theile |
Moderation | Julia Westlake |
Redaktionelle Leitung | Christoph Bungartz |
Verena Bahlsen, die 26-jährige Erbin des Traditionsunternehmens aus Hannover, hat vor einem halben Jahr erklärt, dass die Zwangsarbeiter bei Bahlsen während der NS-Zeit "gut behandelt""worden seien - und Bahlsen habe sich "nichts zuschulden kommen lassen". Es hagelte internationalen Protest. Firmenpatriarch Werner M. Bahlsen ließ seine Tochter eine Entschuldigung veröffentlichen und beauftragte einen Historiker, die Firmengeschichte während der Nazizeit zu erforschen. Über siebzig Jahre nach Kriegsende ist das längst überfällig. Ein Fernsehteam der ARD konnte mit einer ehemaligen Zwangsarbeiterin sprechen, kurz bevor sie Anfang November mit 95 Jahren gestorben ist: Helena Eljasik aus Polen hatte dreieinhalb Jahre als Zwangsarbeiterin in einer Fabrik des Unternehmens geschuftet. Sie berichtet von Willkür und schlechter Behandlung, von einer 50-Stunden-Woche mit schwerer körperlicher Arbeit unter harten Bedingungen. Die Firma Bahlsen habe sich nach Kriegsende nie bei ihr gemeldet.
Von wegen Gleichberechtigung - die Musikbranche ist ein Herrenclub. Auf großen Festivals liegt der Anteil weiblicher Interpretinnen oft bei unter zehn Prozent. In den Vorstandsetagen von Sony, Universal und Warner Music International sitzen ausschließlich Männer. Nur elf Prozent der Popsongs in den Charts stammen von Frauen. 70 Prozent aller Kulturgelder, die vom Staat vergeben werden, gehen in männliche Hände. Es gibt kaum Frauen am Dirigentenpult, in der Technik und im Producing. Und auch die Leitung von Rundfunk- und Sinfonieorchestern ist offenbar Männersache. Egal ob in Rock, Pop, Jazz oder Klassik: Musikerinnen verdienen weniger als Musiker. Was ist denn da los, im Jahr 2019? Initiativen wie "Keychange" oder "Music Women Germany" kämpfen jetzt für mehr Teilhabe.
Sie ist Kommandeurin eines Bataillons und sie ist eine Trans*frau: Oberleutnant Anastasia Biefang beweist, dass das zusammengeht. 1994 kommt sie zur Bundeswehr, damals noch mit Vornamen Marc und mit männlichem Körper. Sie macht nach dem Grundwehrdienst Karriere und entscheidet sich, zukünftig in ihrem weiblichen Geschlecht zu leben - und outet sich. Ein Dokumentarfilm begleitet Anastasia bei ihrer Geschlechtsangleichung zur Frau und bei der Übernahme eines Informationstechnikbataillons im brandenburgischen Storkow. Ein sehenswerter Film, in dem es um unterschiedliche Welten geht, auch um Vorteile und Anfeindungen. Vor allem aber porträtiert die Dokumentation eine starke Frau, die sich in einem männerdominierten Umfeld durchsetzt. "Ich bin Anastasia" (Regie: Thomas Ladenburger) kommt am 21. November ins Kino. Das Kulturjournal stellt den Film vor und trifft Anastasia Biefang.
Robert Macfarlane hat Orte und Dinge gesehen, die den meisten Menschen verborgen bleiben: Viele tausend Jahre alte unterirdische Begräbnisstätten, das gigantische Katakombenlabyrinth von Paris, vorzeitliche Höhlenmalereien auf den Lofoten, unterirdische Gletscher in Slowenien, das Innere eisblauer Gletscherspalten auf Grönland und ein in die tiefsten Tiefen gebautes Atommüll-Endlager in Finnland. Wie in seinen früheren Büchern ist Robert Macfarlane fasziniert von den "Beziehungen zwischen Landschaften und dem Inneren des Menschen". Seine einheimischen Führer, die ihm den Weg ins "Unterland" weisen, stehen deshalb mit im Zentrum seiner Berichte. Sie zeigen ihm, auf wie vielfältige Weise Menschen die Erde verändern, ausbeuten und sie mit ihrem giftigen Abfall auffüllen. Robert Macfarlane ist der Natur verfallen. Für seinen ebenso poetischen wie ergreifenden Bericht "Im Unterland" aus der Tiefe unseres Planeten bekommt er jetzt den NDR Kultur Sachbuchpreis.
Wir kennen Piraten und Kaperfahrer vor allem aus Literatur und Kino: von Stevensons berühmter "Schatzinsel" bis hin zur Spielfilmreihe "Fluch der Karibik". In all diesen populären Werken geht es um den Seekrieg und die Eroberung und Übernahme von feindlichen Schiffen. Dabei sind solche Geschichten von eroberten Schiffen und ihren Passagieren über Jahrhunderte harte Realität gewesen. Von den wahren Lebensläufen der Menschen an Bord dieser Schiffe und ihren Besitztümern berichten Kisten voller Briefe und Dokumente, die bislang in britischen Archiven schlummerten: Die "Prize Papers"-Prisen nennt man die Beute einer Kaperfahrt. Eine internationale Forschungsgruppe unter der Leitung der Oldenburger Wissenschaftlerin Dagmar Freist erforscht diesen einmaligen Schatz. Die Briefe sind Zeugnisse einzigartiger Biografien aus längst untergegangenen Zeiten. Auszüge daraus präsentiert Freist gemeinsam mit Schauspielerin Lina Beckmann in der Kulturjournal-Reihe "Der Norden liest": Am 19. November im Literaturhaus Hamburg.
programm.ARD.de © rbb | ARD Play-Out-Center || 28.03.2024