• 10.03.2018
      11:15 Uhr
      Nachtcafé Zwischen zwei Welten | SWR Fernsehen RP
       

      "Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust", so formulierte es schon Goethe. Nicht wenige Menschen fühlen sich in ihrem Leben hin- und hergerissen. Sich zwischen zwei Welten zu bewegen, kann aufregend und erfüllend sein, es kann aber auch aufreiben und innerlich zerreißen.

      Moderation: Michael Steinbrecher

      Samstag, 10.03.18
      11:15 - 12:45 Uhr (90 Min.)
      90 Min.

      "Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust", so formulierte es schon Goethe. Nicht wenige Menschen fühlen sich in ihrem Leben hin- und hergerissen. Sich zwischen zwei Welten zu bewegen, kann aufregend und erfüllend sein, es kann aber auch aufreiben und innerlich zerreißen.

      Moderation: Michael Steinbrecher

       

      Ein Doppelleben oder gar ein Leben als Spion - in unserer Vorstellung ist das vor allem abenteuerlich und reizvoll. Aber welche Bürde ist es auch, gleichzeitig zwei Identitäten zu leben, ständig in der Angst, das doppelte Spiel wird aufgedeckt? Zwischen zwei Welten bewegen sich aber auch Menschen, die sich für die Liebe auf ein Abenteuer einlassen. Eine Paarbeziehung zwischen zwei Kulturen bietet viel Raum für Missverständnisse, Hürden und Sehnsucht, aber auch eine enorme Möglichkeit, miteinander zu wachsen. Oft geht es einfach darum, eine zweite Seite auszuleben - eine andere Facette der eigenen Persönlichkeit oder eine Leidenschaft, die im Alltag keinen Platz hat. Lassen sich die beiden Welten nicht miteinander verbinden, so suchen viele Zeit und Raum, wo diese zweite Seite stattfinden kann. Sei es der Geschäftsmann, der am Wochenende in die Ritterrüstung schlüpft, oder die Kassiererin, die nachts als Stripperin Männern den Kopf verdreht.

      Aber in einigen Fällen bedeutet ein Leben zwischen zwei Welten auch eine extreme innere Zerrissenheit. So für Menschen, die intersexuell sind. Weder eindeutig männlich noch weiblich, befinden sie sich zwischen den Geschlechtern. Eine Leerstelle, für die unsere Gesellschaft nur schwerlich Worte findet und die deshalb noch immer ein Tabuthema ist. Eine Last für die Betroffenen, über die häufig aus Unwissenheit im Kindesalter einfach entschieden wird, welchem Geschlecht sie angehören. Wer sich nirgendwo zugehörig fühlen kann, der hadert mit der eigenen Identität und kann an dieser Zerrissenheit verzweifeln.

      Die Gäste bei Michael Steinbrecher:

      Christiane Wirtz war die Tochter von Mick Jagger, die Nichte von John F. Kennedy und die Cousine von Benjamin Netanjahu - zumindest in ihrer eigenen Welt. Denn die Krankheit Schizophrenie ließ sie jahrelang ihre Fantasiewelt für die Realität halten. "Irgendetwas in mir hat zwar gemerkt, dass etwas nicht gut läuft, aber ich wollte nicht an meinem eigenen Verstand zweifeln." Nur durch eine Zwangseinweisung schaffte sie schließlich den Ausweg aus ihrer Parallelwelt.

      Fast zwei Jahrzehnte lang lebte Jack Barsky als deutscher KGB-Spion ein Doppelleben in den USA. Im Kalten Krieg stand er nicht nur zwischen zwei politischen Systemen, sondern auch zwischen zwei Identitäten - und zwischen zwei Familien. Erst viele Jahre nach Beendigung seiner Geheimdiensttätigkeit flog seine zweite Identität auf: "Da sind die Mauern dieses Palastes, den ich mir gebaut habe und in dem ich der eigene König war, zusammengebrochen."

      "Dass mit mir irgendetwas nicht stimmt, habe ich von Stunde null an bemerkt", sagt Lynn D. Doch erst mit 20 Jahren gab es dafür die Erklärung: Lynn ist intersexuell. Geboren mit männlichen und weiblichen Geschlechtsmerkmalen, aber bereits in früher Kindheit operativ zum Mädchen gemacht. Eine fatale Entscheidung, denn Lynn fühlte sich fortan zerrissen. Heute fühlt Lynn sich angekommen, doch in der Gesellschaft bleibt Intersexualität eine Leerstelle.

      Ihre Kindheit endete für Cennet Krischak von einem Tag auf den anderen. Denn mit nur 13 Jahren wurde das lebensfrohe Mädchen zwangsverheiratet. Was folgte, waren Jahre des Leidens, der Unterdrückung und Isolation. Das Leben und die Welt, wie sie sie sich wünschte, schien unerreichbar. Schließlich war ihr klar, dass sie eine schwerwiegende Entscheidung treffen musste: "Wenn ich bleibe, gehe ich daran kaputt. Wenn ich mich trenne, werde ich ausgestoßen."

      Der Psychotherapeut Dr. Christian Peter Dogs sagt: "Wir alle tanzen jeden Tag zwischen verschiedenen Welten." Alle Menschen leben in ihrem Alltag unterschiedliche Identitäten, und alle zusammen bilden unsere Persönlichkeit. Doch der Experte weiß auch, dass dabei die Gefahr besteht, sein eigentliches Ich zu verlieren. Schafft man es nicht, die unterschiedlichen Welten zu vereinen, drohen ernstzunehmende gesundheitliche Probleme.

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