• 19.04.2019
      22:00 Uhr
      Nachtcafé Vertrauen, Verfehlung, Verrat | SWR Fernsehen RP
       

      Wem kann man heute überhaupt noch trauen? Wahrscheinlich ist jeder Mensch schon einmal in seinem Leben bitter enttäuscht worden. Vertrauen ist eine wichtige Basis für menschliche Beziehungen, schnell aber können Verbündete zu Konkurrenten, Gegnern oder unerbittlichen Feinden werden.
      Ehrlichkeit, Geradlinigkeit, Aufrichtigkeit - sind diese Tugenden in der heutigen Markt- und Wettbewerbsgesellschaft bald nur noch Auslaufmodelle? "Vertrauen, Verfehlung, Verrat" ist das Thema im "Nachtcafé".

      Freitag, 19.04.19
      22:00 - 23:30 Uhr (90 Min.)
      90 Min.

      Wem kann man heute überhaupt noch trauen? Wahrscheinlich ist jeder Mensch schon einmal in seinem Leben bitter enttäuscht worden. Vertrauen ist eine wichtige Basis für menschliche Beziehungen, schnell aber können Verbündete zu Konkurrenten, Gegnern oder unerbittlichen Feinden werden.
      Ehrlichkeit, Geradlinigkeit, Aufrichtigkeit - sind diese Tugenden in der heutigen Markt- und Wettbewerbsgesellschaft bald nur noch Auslaufmodelle? "Vertrauen, Verfehlung, Verrat" ist das Thema im "Nachtcafé".

       

      Wem kann man heute überhaupt noch trauen? Wahrscheinlich ist jeder Mensch schon einmal in seinem Leben bitter enttäuscht worden. Vertrauen ist eine wichtige Basis für menschliche Beziehungen, schnell aber können Verbündete zu Konkurrenten, Gegnern oder unerbittlichen Feinden werden.

      Wer jemandem ein Geheimnis über seine dunkle Vergangenheit anvertraut, geht immer auch das Risiko ein, aufzufliegen. Denn für das liebe Geld, den eigenen Vorteil oder die Karriere springt so mancher über seinen moralischen Schatten und fällt plötzlich dem Kollegen oder besten Freund in den Rücken und zeigt sein zweites Gesicht. Was bleibt, sind Ernüchtung, Verbitterung und Zweifel - auch an der eigenen Menschenkenntnis.

      Misstrauen vergiftet Teamarbeit genauso wie die Geschwisterbeziehung oder die Liebe. Wer seinem Partner aus Eifersucht ständig hinterherspioniert, muss sich nicht wundern, wenn die Beziehung bald der Vergangenheit angehört. Besonders groß sitzt der Schock, wenn eine vertrauenswürdige Person ihre Position ausnutzt: Da ist der Lehrer, der sich an seiner Schülerin vergeht, oder die Pfarrerin, die fürs eigene Vergnügen eine hohe Summe aus der Gemeindekasse nimmt. Scheinheilig verhält sich auch der Reporter, der für frei erfundene Geschichten Preise absahnt und durch seine Fälschungen die Glaubwürdigkeit einer ganzen Branche in Frage stellt.

      Häufig sind Lügner äußerst sympathisch wirkende Persönlichkeiten mit einem geschickten Sozialverhalten. Leider kommt ihnen viel zu häufig nur der pure Zufall auf die Schliche.

      Manuela Polaszczyk ist in der DDR aufgewachsen, in einer beklemmenden Atmosphäre von Überwachung und Misstrauen. Umso wichtiger war für sie die Gewissheit, wenigstens der eigenen Familie vertrauen zu können. Doch das war ein Irrtum. Erst nach dem Tod ihres Vaters konnte sie in seine Stasi-Akten blicken und erfuhr das Unfassbare: "Ich wurde seit meinem zwölften Lebensjahr von ihm bespitzelt und an die Stasi verraten. Das Schlimmste ist, dass ich ihn nicht mehr damit konfrontieren kann. Vertrauen kann ich niemandem mehr."

      Verraten hat sich auch Elke Backes gefühlt, als sie einem Hochstapler das Handwerk legen wollte. An ihrer Pflegeschule unterrichtete ein Dozent, der sich als Altenpfleger und Theologe mit Lehrbefugnis ausgab. Schnell kamen Zweifel an seiner Kompetenz auf. Als sie der Geschäftsleitung Beweise über seine Urkundenfälschungen vorlegte, der Schock: "Mir wurde fristlos gekündigt. Vermutlich sollte etwas vertuscht werden." Das Arbeitsgericht rehabilitierte die gefeuerte Leiterin der Pflegeschule und sprach ihr eine Abfindung zu.

      Tom Kummer war erfolgreicher Starreporter, der Journalist schrieb aus den USA hochgelobte Artikel und belieferte renommierte deutsche Magazine. Jedoch waren mehr als 40 Interviews mit Hollywood-Stars frei erfunden. Ein Treffen mit den Stars hatte nie stattgefunden, stattdessen ließ der Autor seiner Fantasie freien Lauf. Und löste damit einen Medienskandal aus. Die Schuld sieht er weniger bei sich: "Ich hatte kein schlechtes Gewissen. Ich dachte, ich liefere denen guten Stoff."

      Sabine Bühlers Sportlehrer war allseits beliebt, überall geschätzt und verstand es, das Vertrauen seiner Schüler und deren Eltern zu gewinnen. Und so wurden viele Signale überhört, die auf die schweren sexuellen Übergriffe des pädophilen Lehrers hindeuteten. Das Mädchen entwickelte eine Magersucht und Zwangserkrankungen. Erst mit 19 schaffte sie es, sich von ihrem Peiniger zu lösen. Der Kunstturnlehrer wurde zu einer Gefängnisstrafe verurteilt: "Der Prozess war für mich wichtig, weil mir endlich jemand glaubte."

      Antschana Schnarr war frisch verheiratet, als sie kurz darauf ihre erste Affäre hatte. Verheimlichen konnte die Handelsassistentin ihren Seitensprung nicht lange. Aber trotz der Aussprache mit ihrem Mann und seinem erneuten Vertrauensvorschuss war sie ihrem Partner noch mehrfach untreu: "Ich hatte einen unheimlichen Hunger nach Liebe und Anerkennung, obwohl ich einen Mann hatte, der mir eigentlich alles gegeben hat." Heute hat das Paar sechs Kinder, Misstrauen ist kein Thema mehr in ihrer Beziehung.

      "Vertrauen ist eine wichtige Basis für menschliche Beziehungen", so die Erkenntnis des Psychiaters und Neurologen Prof. Dr. Dr. Raphael Bonelli. Er kennt die Vertrauensfallen und Gründe, warum aus Verbündeten sehr schnell Konkurrenten, Gegner oder unerbittliche Feinde werden können. Auch Verrat, Schuld und Vergebung sind in der Praxis des Wiener Psychotherapeuten immer wieder ein tiefgreifendes Thema.

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