Fast jeder hat wohl ein Poesiealbum besessen. Darin verewigten sich Freunde, Schulkameraden, Lehrer und Verwandte mit Sprüchen und Gedichten, gemalten Bildern und Fotos. Aber was ist aus den Freunden von damals geworden? In einer dreiteiligen Dokumentation nehmen Menschen aus ganz Norddeutschland ihre Poesiealben zur Hand und begeben sich auf die Spurensuche in ihre eigene Vergangenheit. Die Dokumentation zeichnet die Suche der einzelnen Personen nach. Letzte Folge am 11. November, 21 Uhr.
Fast jeder hat wohl ein Poesiealbum besessen. Darin verewigten sich Freunde, Schulkameraden, Lehrer und Verwandte mit Sprüchen und Gedichten, gemalten Bildern und Fotos. Aber was ist aus den Freunden von damals geworden? In einer dreiteiligen Dokumentation nehmen Menschen aus ganz Norddeutschland ihre Poesiealben zur Hand und begeben sich auf die Spurensuche in ihre eigene Vergangenheit. Die Dokumentation zeichnet die Suche der einzelnen Personen nach. Letzte Folge am 11. November, 21 Uhr.
Stab und Besetzung
Regie | Steffen Schneider |
Produktion | Stephan Helms |
Autor | Heike Nikolaus |
Ariane Riecker | |
Matthias Schümann | |
Redaktion | Birgit Müller |
Das Poesiealbum: ein Büchlein voller Sinnsprüche, Gedichte und selbst gemalter Bilder. "In allen vier Ecken soll Freundschaft drin stecken." Dieser oder andere Verse finden sich fast in jedem dieser kleinen Bücher. Doch was aussieht wie ein banales Erinnerungsstück an Kindheit und Jugend, erweist sich als wertvolles zeithistorisches Dokument, das Schicksale, Lebenswege und geschichtliche Kontexte eröffnet.
In einer dreiteiligen Dokumentation machen sich Menschen auf die Spurensuche in ihre eigene Vergangenheit. Was ist aus den Freunden von damals geworden? Warum haben sich die Lebenswege voneinander entfernt? Erzählt werden Geschichten aus den 1940er- bis in die 1980er-Jahren, Geschichten von Menschen aus Norddeutschland, die in Deutschland und weit darüber hinaus alte Freunde ausfindig machen.
Erzählt wird zum Beispiel die Geschichte von Ingelore und Dieter. Ende der 40er-Jahre lernen sie sich in einem Flüchtlingslager in Hamburg kennen. Dann trennen sich ihre Wege, beide gründen Familien. Jahrzehnte später begegnen sie sich und werden endlich doch noch ein Paar. Wenn sie heute in Ingelores Poesiealbum blättern, dann findet sich darin nicht nur der Spruch von Dieter. Auch Peter verewigte sich 1946 mit einem Sprüchlein - er war bester Freund, ein bisschen aber auch Dieters Nebenbuhler. Vor allem aber waren die drei unzertrennlich. Der verschollene Freund lebt seit Jahrzehnten in den USA. Auch er sehnt sich danach, Ingelore und Dieter zu sehen. Nach mehr als 60 Jahren treffen sie sich in Hamburg wieder.
Als am Ende des Zweiten Weltkrieges Menschen aus Ostpreußen oder Pommern vor der Front flohen, trugen sie nicht viel bei sich. Als Irmgard Schünemann Hals über Kopf ihre Heimatstadt Stettin verlassen musste, ging alles ging verloren - nur nicht ihr Poesiealbum. Jetzt macht sich die über 80-Jährige noch einmal auf in ihre alte Heimatstadt. In den 40er-Jahren beginnt auch die Geschichte von Irmgard Melzer aus Schwerin. In Gedanken ist sie oft bei ihrem Freund Rudi Schlesiger. Die beiden trafen sich 1946 in einem Auffanglager für Flüchtlinge in Dänemark. Sie waren dort gestrandet, genau wie zehntausende andere Menschen aus Ostpreußen. Aus losen Blättern band sich Irmgard ein Poesiealbum, und Rudi durfte als Erster einen Spruch eintragen. Später verloren sie sich aus den Augen. Jetzt machte Irmgard Melzer ihren Rudi in Bayern ausfindig. 70 Jahre nach ihrem letzten Treffen sehen sie sich in Dänemark wieder - an der Gedenkstätte für das Flüchtlingslager.
Eine völlig andere Geschichte erzählt Elke aus Hamburg. In ihrem Poesiealbum findet sich der Spruch einer echten Kaiserin: Soraya, Ehefrau des Schahs von Persien, schrieb ihre Grüße ins Büchlein. Verantwortlich dafür ist Elkes autoritärer Vater. Er wollte das Selbstbewusstsein des Mädchens stärken und lud es kurzerhand vor dem Hamburger Hotel Atlantic ab, wo der Schah und seine Frau im Jahr 1955 abgestiegen waren. Ein Journalist erbarmte sich des schlotternden Mädchens, und über einen Privatsekretär gelangte ihr Poesiealbum schließlich in die königliche Suite.
Westberlin in den 1960er-Jahren: Plötzlich steht sie im Klassenzimmer. Elke interessiert sich sofort für das stille Mädchen Ilonka und die beiden freunden sich an. Ilonkas Lebensumstände erscheinen seltsam: Freundinnen dürfen nicht zu Besuch kommen und Elkes Poesiealbum will Ilonka nicht mit nach Hause nehmen. Sie schreibt in der Schule einen traurigen Spruch hinein. So schnell wie sie kam, verlässt Ilonka Berlin. Elke bleibt zurück und fragt sich bis heute: Was war damals los ?
Die Dokumentation zeichnet die Suche der einzelnen Personen nach. Die Kamera ist dabei, wenn Menschen sich nach Jahrzehnten wieder begegnen, wenn die Tränen fließen und Erinnerungen ausgetauscht werden.
Film von Matthias Schümann - Folge 3 am 11.11.2015, um 21:00 Uhr.
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