• 26.03.2023
      23:45 Uhr
      Nüchtern sein ist nichts für Feiglinge NDR Fernsehen
       

      Verdrängen, verheimlichen, leugnen, das war das Verhaltensmuster von Jessica Obertopp-Ulm. Jahrelang versteckte sie so ihre Alkoholsucht. Überall, gegenüber Freunden, ihrem Mann, selbst im Fußballstadion. Sie ist Vollblut-Fußballfan des FC St. Pauli. Fans trinken viel. Das Stadion ist deshalb für die 41-Jährige tabu, weil das Risiko für einen Rückfall zu groß ist. Nach Jahren des Kampfes gegen ihre Sucht hat Jessica es heute geschafft. Sie tut alles dafür, dass sie trocken bleibt. Aber nüchtern sein und zu bleiben, ist nichts für Feiglinge.
      Im Film packt Jessica alles auf den Tisch: mutig, stolz und einfach manchmal nur traurig.

      Sonntag, 26.03.23
      23:45 - 00:15 Uhr (30 Min.)
      30 Min.

      Verdrängen, verheimlichen, leugnen, das war das Verhaltensmuster von Jessica Obertopp-Ulm. Jahrelang versteckte sie so ihre Alkoholsucht. Überall, gegenüber Freunden, ihrem Mann, selbst im Fußballstadion. Sie ist Vollblut-Fußballfan des FC St. Pauli. Fans trinken viel. Das Stadion ist deshalb für die 41-Jährige tabu, weil das Risiko für einen Rückfall zu groß ist. Nach Jahren des Kampfes gegen ihre Sucht hat Jessica es heute geschafft. Sie tut alles dafür, dass sie trocken bleibt. Aber nüchtern sein und zu bleiben, ist nichts für Feiglinge.
      Im Film packt Jessica alles auf den Tisch: mutig, stolz und einfach manchmal nur traurig.

       

      Verdrängen, verheimlichen, leugnen, das war das Verhaltensmuster von Jessica Obertopp-Ulm. Jahrelang versteckte sie so ihre Alkoholsucht. Überall, gegenüber Freunden, ihrem Mann und selbst im Fußballstadion. Und sie ist Vollblut-Fußballfan des FC St. Pauli. Fans trinken viel, oft zu viel. Das Stadion ist deshalb für die 41-Jährige tabu, weil das Risiko für einen Rückfall dort zu groß ist. Nach Jahren des Kampfes gegen ihre Sucht hat Jessica es heute geschafft. Sie tut alles dafür, dass sie trocken bleibt. Aber nüchtern sein und vor allem zu bleiben, ist nichts für Feiglinge.

      Ihre Leidensgeschichte beginnt früh. Mit sechs Jahren zieht Jessica mit ihren Eltern in eine idyllische Hamburger Gegend. Ein kleines Häuschen mit Garten. Das Leben scheint in Ordnung. Doch beide Eltern sind alkoholabhängig. Das kleine Mädchen muss miterleben, wie die Ehe scheitert, wie der Vater die Familie tyrannisiert und die Mutter stirbt. Bis der Vater stirbt, will sie keinen Kontakt mehr zu ihm. Seit sie elf Jahre alt ist, wird sie herumgereicht, wächst in Pflegefamilien und im Heim auf. Trotzdem gelingt ihr die Mittlere Reife und eine Ausbildung zur Arzthelferin.

      Der FC St. Pauli hat ein Auswärtsspiel in Berlin. Auf der Rückfahrt im Bus von Berlin nach Hamburg lernt Jessica ihren Mann kennen. Schon morgens trinken beide Alkohol als Wirkungsverstärker. Jessica fühlt sich aufgehoben und angekommen. Nach außen scheint alles in Ordnung. Aber dieses Glück kann sie nicht ertragen. Sie fühlt sich überfordert. Immer öfter stürzt sie ab, setzt ihre Ehe und Freundschaften aufs Spiel, trinkt an gegen ihre innere Einsamkeit und Überforderung. Trotzdem schafft sie es immer zur Arbeit. Irgendwie.

      Immer öfter seilt sie sich ab. Tagelang. Sagt niemandem Bescheid. In ihrer schlimmsten Zeit nimmt Jessica Beruhigungstabletten im Wechsel mit Alkohol und trinkt sich einmal fast ins Koma: „Wenn man so drei, vier Tage trinkt, dann kriegt man ein Trockenkotzen. Das ist so, dass der Körper den Alkohol loswerden will und man gar nicht mehr irgendwie Mageninhalt zum Spucken hat. Und dann hat mich die Panik erfasst. Ich hatte manchmal Angst vor mir selbst“, sagt sie.

      Alkoholsucht ist eine Krankheit, die sich oft im Dunkeln abspielt. Wein, Bier, Schnaps trinken wie Wasser aus Lust, Frust und Verdrängung.
      Ihr ganzes Leben war sie auf der Suche nach den Gründen ihres hemmungslosen, exzessiven Alkoholkonsums. Sie braucht Jahre, um zu erkennen, dass ihre Sucht mit ihren Wurzeln, mit ihren traumatischen Kindheitserfahrungen zu tun hat.
      Viele Therapien scheitern, weil sie nicht will und selbst Therapeuten belügt, ihnen und sich etwas vormacht. Ihre Ehe droht zu scheitern. Ihr Mann kann nicht mehr und stellt Jessica vor die Wahl: entweder er oder der Alkohol.

      Jessica beginnt eine Langzeittherapie. Das war 2020. Während dieser Zeit trifft sie auf einen Seelsorger. Der findet den Schlüssel zu ihren Seelenschmerzen. Ihr Durchbruch. Mittlerweile ist Jessica seit über zwei Jahren trocken, hat Feste, den Tod ihrer besten Freundin überstanden. Ohne Alkohol. Sie hat gelernt, über ihre Probleme zu reden und nicht gleich zur Flasche zu greifen, wenn es Probleme gibt. Trocken zu sein ist ein zartes Pflänzchen, das weiß sie. Denn nüchtern sein ist nichts für Feiglinge!

      Ihr großes Ziel: wieder ins Stadion. Dabei hilft ihr ein spezieller St.-Pauli-Fanclub: die Weiß-braunen Kaffeetrinker*innen. Ein Club von Suchtbetroffenen und gleichzeitig Selbsthilfegruppe. Das Ziel: Fußballspiele im Stadion zu gucken und auch ohne Rausch Spaß haben.

      Im Film packt Jessica alles auf den Tisch: mutig, stolz und einfach manchmal nur traurig.

      Film von Birthe Jessen

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      Sonntag, 26.03.23
      23:45 - 00:15 Uhr (30 Min.)
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