• 27.09.2020
      12:30 Uhr
      Druckfrisch Neue Bücher mit Denis Scheck | 3sat
       

      Themen:

      • Joachim Meyerhoff: Hamster im hinteren Stromgebiet
      • Lola Randl: Die Krone der Schöpfung
      • Denis Scheck empfiehlt Thomas Hettche
      • Die aktuelle "Spiegel"-Beststellerliste: Belletristik

      Sonntag, 27.09.20
      12:30 - 13:00 Uhr (30 Min.)
      30 Min.

      Themen:

      • Joachim Meyerhoff: Hamster im hinteren Stromgebiet
      • Lola Randl: Die Krone der Schöpfung
      • Denis Scheck empfiehlt Thomas Hettche
      • Die aktuelle "Spiegel"-Beststellerliste: Belletristik

       
      • Joachim Meyerhoff: Hamster im hinteren Stromgebiet

      Es trifft ihn aus heiterem Himmel: Ein "Schlagerl", wie der Wiener sagt. Doch die verniedlichende Bezeichnung steht in krassem Gegensatz zu dem, was der Patient infolge seiner Gesundheitsattacke erleben muss. Bereits der Abtransport in eine Wiener Spezialklinik gerät zum absurden Schauspiel, das seine Fortsetzung im nur scheinbar perfekt getakteten Krankenhausalltag findet: hygienisch folgenschwere Rangeleien vor der einzigen Toilette auf der Intensivstation, Verwechselungen von Schlaganfall-Patienten bei der Körperpflege und durch mangelndes Koordinationsvermögen ans Brillengestell fehlgeleitete Suppeneinlagen in der Kantine.

      Schonungslos und zärtlich zugleich entwirft der preisgekrönte Schauspieler Joachim Meyerhoff absurde Szenerien, die trotz der dramatischen Situation immer wieder ins komisch-groteske hinübergleiten.

      Ein Schlaganfall als Zäsur: Wie konnte es nur dazu kommen?: "Selbstdetonationen als Lebenselixier. Wenn ich nicht brannte, war ich niemand. Mein Ich, war ich sicher, würde sich auflösen im Stillstand. Nur das Tempo meines Lebens hielt mich an der Oberfläche." Und nun: "Das Hirn beobachtet das Hirn". Um die Panikattacken in den einsamen Krankenhausnächten zu überlisten, taucht Patient Meyerhoff ab in seine Erinnerungen: Abenteuerliche Reisen, denkwürdige Begegnungen und Episoden verdichten sich zu einem bunten Bilderbogen seines Lebens.

      Während der erfolgreichen Therapie erlebt der Protagonist eine Metamorphose, die ihn sein Leben neu betrachten lässt. "Ich war am Ende von etwas angekommen. Mein Selbstbild bröckelte gewaltig. So schnell also war ich hinübergerutscht aus der Unverwüstlichkeit in die Verwüstlichkeit, aus der Unbeschwertheit in die Beschwertheit." Erlösung daraus verspricht die große emotionale Nähe zu Familie und Freunden, deren uneingeschränkte Zuwendung ihm sein trotz alledem großes Glück offenbart.

      Joachim Meyerhoff gelingt es, die lebensbedrohliche Gesundheitsattacke humorvoll zu einer Neuorientierung und einer Feier des Lebens umzudichten.

      • Lola Randl: Die Krone der Schöpfung

      Ein kleines Dorf irgendwo in Deutschland. Hier lebt die "Erzählerin" mit Mutter, Mann, Kindern und Liebhaber. Als das Virus in ihren beschaulichen Dorfalltag einbricht, beobachtet sie, wie die Welt nach und nach aus den Fugen gerät und "nichts mehr jemals wieder so sein würde" wie es immer gewesen war.

      Die Frage nach dem Sinn oder Unsinn des Tragens der lange hart umkämpften Gesichtsmasken wird zur alles entscheidenden Grundsatzfrage, miteinander konkurrierende Top-und Mega-Virologen werden zu Shootingstars in den Talkshows, während Supermarktkassierer gar der Heldenverehrung anheimfallen. Um den massiven Einbruch der Wirtschaft abzufedern, verteilen Staatschefs auf der ganzen Welt Unsummen von Geld, das bislang überhaupt nicht vorhanden war. Aber: "Frühestens im Winter sollte der Impfstoff spätestens gefunden sein".

      In ihrer amüsanten Zusammenstellung skurriler Ereignisse, aberwitziger Diskussionen und absonderlicher politischer Beschlüsse während des Pandemieverlaufs stellt Lola Randl den Menschen "als Krone der Schöpfung" infrage. Ist das wirklich er oder nicht doch das neue Virus?: "Menschen kontrollieren, Viren lieben das Chaos. Sie haben keine Angst vor nichts und niemanden, nicht mal vor dem Tod. Gefühle sind ihnen fremd. Unerfahren und abenteuerlustig wie es war, kroch es (..,) in die Blutbahn und ließ sich treiben. Das junge Virus besah sich das Herz, studierte das Kreislaufsystem, den Blutdruck, schwamm durch die feinsten Kapillaren des Gehirns und war aufgeschlossen für alles, was ihm da entgegen kam."

      Mit der "Krone der Schöpfung" hat Lola Randl eine böse, geistreiche und äußerst witzige Satire über unser neues absonderliches Leben in Zeiten der Corona-Pandemie verfasst.

      • Denis Scheck empfiehlt Thomas Hettche

      "Zur geistigen Möblierung der Bundesrepublik Deutschland gehören nicht nur Günter Grass und Hannah Arendt, sondern auch die Augsburger Puppenkiste. Der bis in den Zweiten Weltkrieg zurückreichenden Geschichte dieses Theaters widmet Thomas Hettche seinen neuen Roman "Herzfaden". Es ist eine grandios vergnügliche Wiedersehensfeier mit der eigenen Kindheit. Mit Urmel aus dem Eis. Mit Jim Knopf. Mit dem kleinen Prinzen und Kalle Wirsch, dem König der Erdmännchen. (…) Mit "Herzfaden" (Kiepenheuer & Witsch) ist Thomas Hettche ein großes erzählerisches Risiko eingegangen. Wie leicht hätte diese Geschichte an den Klippen des Kitschs zerschellen können. Sie ist aber ein literarischer Triumph."

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      Sonntag, 27.09.20
      12:30 - 13:00 Uhr (30 Min.)
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