• 23.08.2019
      20:15 Uhr
      Heimatland Oder die Frage, wer dazugehört | 3sat
       

      Direkt hinter der Autobahn A 1 liegt das größte private Baugebiet Deutschlands: Widdersdorf. Mehr als 10 000 Menschen leben hier, die meisten sind neu. In Widdersdorf haben zwar Menschen Häuser gebaut und bezogen, aber aus tausenden "ichs" ist noch lange kein "wir" geworden. Es gibt kein Zentrum im neuen Ort, der Hauptplatz ist meist leer, keine Kirche, kein Rathaus. Wie unter einer Lupe lässt sich in Widdersdorf das verunsicherte Deutschland studieren. Was erzählt Widdersdorf über dieses Land, das aufgewühlt und aufgebracht wirkt ob der Frage, wer oder was es sein will. Heimat für jeden? Oder nur den, der hier geboren wurde?

      Freitag, 23.08.19
      20:15 - 21:00 Uhr (45 Min.)
      45 Min.

      Direkt hinter der Autobahn A 1 liegt das größte private Baugebiet Deutschlands: Widdersdorf. Mehr als 10 000 Menschen leben hier, die meisten sind neu. In Widdersdorf haben zwar Menschen Häuser gebaut und bezogen, aber aus tausenden "ichs" ist noch lange kein "wir" geworden. Es gibt kein Zentrum im neuen Ort, der Hauptplatz ist meist leer, keine Kirche, kein Rathaus. Wie unter einer Lupe lässt sich in Widdersdorf das verunsicherte Deutschland studieren. Was erzählt Widdersdorf über dieses Land, das aufgewühlt und aufgebracht wirkt ob der Frage, wer oder was es sein will. Heimat für jeden? Oder nur den, der hier geboren wurde?

       

      Am Rande von Köln, direkt hinter der Autobahn A1, liegt das größte private Baugebiet Deutschlands: Widdersdorf. Mehr als 10 000 Menschen leben hier, die meisten sind neu.

      "Es ist wie im Weihnachtsmärchen", sagt Michael Kaiser, der den Stadtteil mit gebaut hat. "Maria und Josef auf dem Weg, eine Herberge zu suchen". Das habe sich hier 2000 Jahre später wiederholt: junge Familien, die sich auf den Weg machen, um eine Herberge zu finden. "Mich hat glücklich gemacht, dass ich diesen Suchenden eine neue Heimat anbieten konnte", freut sich Michael Kaiser. Was aber bedeutet Heimat?

      In Widdersdorf haben zwar Menschen Häuser gebaut und bezogen, Trampoline und Loungemöbel in die Gärten gestellt, aber aus Tausenden "Ichs" ist noch lange kein "Wir" geworden. Es gibt kein Zentrum im neuen Ort, der Hauptplatz ist meist leer, keine Kirche, kein Rathaus.

      Wer über den Ort fliegt, sieht inmitten der weißen Würfel des Neubaugebietes ein rotes Backsteinhaus, umfasst von Hecken. Hier lebt das Ehepaar Jenniges. "Früher war hier nichts als Felder und freier Blick!" Die Neuen, sagen sie, würden nicht grüßen, seien hochnäsig und abweisend. "Die haben sich nicht nur ein Grundstück, sondern ein ganzes Stück Dorf gekauft", sagt Axel Jenniges. "Das ist nicht mehr meine Heimat". Plötzlich gibt es ein "Die" und ein "Wir".

      Wie unter einer Lupe lässt sich in Widdersdorf das verunsicherte Deutschland studieren. Was suchen die Menschen, die sich hoch verschulden, um hier sein zu dürfen? Wie entsteht auf einem Acker eine neue Heimat? Und was erzählt Widdersdorf über dieses Land, das aufgewühlt und aufgebracht wirkt, ob der Frage, wer oder was es sein will: Heimat für jeden? Oder nur für den, der hier geboren wurde? Pro Europa, weltoffen? Oder eine starke Nation, die ihre Grenzen schließt?

      Die Dokumentation "Heimatland" führt auf der Suche nach Antworten auch nach Mecklenburg-Vorpommern, wo junge Menschen in ihre Heimat zurückkehren und ein Bürgermeister sich die Frage stellt, was sie antreibt: Treue zur Geburtsregion oder Abwehr von Fremden? Im politischen Berlin berichten Minister und Oppositionsführer davon, wie die Frage "Wie national soll Politik sein?" das Parteienspektrum neu aufteilt.

      Der Film führt zu renommierten Experten wie dem Psychologen Stephan Grünewald, Leiter des Markt- und Medienforschungs-Instituts "rheingold", der die Suche Deutschlands nach einer Identität so beschreibt: "Die Menschen wollen gerade in Umbruchzeiten wissen, wohin geht die Reise? Auf was für eine Welt will ich mich ausrichten, und welche Rolle kann unser Land in dieser neuen Welt spielen?"

      Madeleine Albright, frühere US-Außenministerin, einst vor den Nazis geflohen, sagt, Deutschland sei stets ein verlässlicher Partner gewesen. Nun schaue sie auf das Land und hoffe, die Menschen würden all diese Fragen klug beantworten. "Wir wollen alle wissen, in welche Richtung sich Deutschland bewegt. Wir leben in einer komplizierten Zeit, die eine Wegkreuzung sein könnte."

      Film von Julia Friedrich und Fabienne Hurst

      Erstsendung 25.02.2019

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      20:15 - 21:00 Uhr (45 Min.)
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