Die Dokumentation "Die sieben Häupter des Johannes" folgt den Spuren der Reliquienverehrung durch die Kulturgeschichte - und stößt dabei auf ungelöste Rätsel, leidenschaftlich gelebten Glauben und Aufsehen erregende Verbrechen.
Die Dokumentation "Die sieben Häupter des Johannes" folgt den Spuren der Reliquienverehrung durch die Kulturgeschichte - und stößt dabei auf ungelöste Rätsel, leidenschaftlich gelebten Glauben und Aufsehen erregende Verbrechen.
Reliquien - Schätze des Glaubens oder makabre Tradition? Der arme Thomas von Aquin wurde ausgekocht - der Heiligen Elisabeth von Thüringen rupften Gläubige die Gliedmaßen noch auf dem Totenbett vom Leib. Reliquienraub durchzieht die abendländische Geschichte: Das Kreuz von Golgatha liegt angeblich in Einzelteilen über das Abendland verstreut. Und zahlreiche Kirchen und Klöster erheben den Anspruch, das Haupt des Täufers Johannes zu besitzen. Auch heute hat der Handel mit Reliquien Konjunktur. Und dennoch: Hunderttausende Menschen verehren sie - das Andenken und die Kommunion mit den Heiligen ist eine Tradition, die weder Reformation noch das Zeitalter des Skeptizismus hinwegfegen konnten. Aber woher kommt der Glaube an die segnende Wirkung von Knochen? Welche theologischen Gründe gibt es dafür? Was sind Menschen bereit zu tun, um in den Besitz von Reliquien zu gelangen? Und was unterscheidet die Verehrung heiliger Knochen von der Verehrung einer Michael-Jackson-Jacke, eines Warhol-Gemäldes oder eines Madonna-Autogramms?
Bereits im Alten Ägypten, wo die Sehnsucht nach Unsterblichkeit und der Bewahrung des Körpers in Tausenden Tempelmalereien Ausdruck findet, wurden Reliquien verehrt - eine Tradition, die sich im Christentum fortsetzt und selbst im Islam toleriert wird: In der Omayyaden-Moschee von Damaskus, die auf den Fundamenten einer byzantinischen Kirche steht, verehren Christen und Muslime den Kopf Johannes des Täufers.
Die Geschichte der Reliquien ist eine Geschichte rätselhafter Entdeckungen, machtpolitischer Ränkespiele, erfüllter und vergeblicher Heilserwartungen. Eine Geschichte von Frömmigkeit und Gier, Menschlichkeit und Niedertracht. Wie aktuell diese Tradition, die Kritiker als mittelalterlichen Aberglauben abtun, bis heute ist, zeigt die letzte Station der Suche nach der Macht der Gebeine: Durango, ein vom Drogenkrieg erschüttertes und entseeltes Städtchen in Mexiko. Dort verläuft die Route des Verbrechens - jedes Jahr werden entlang der Pazifikküste Tausende Menschen ermordet und verschleppt. In ihrer Verzweiflung hat die Kirche Mexikos nun ganz praktische Hilfe bei einem Seligen gesucht: Seit Monaten tourt eine Reliquie des verstorbenen Papstes Johannes Paul II. durch das Land - sie soll Frieden stiften und Menschen zu Gnade und Vergebung bringen.
programm.ARD.de © rbb | ARD Play-Out-Center || 19.03.2024