• 19.04.2015
      20:15 Uhr
      Pfalzgeschichten Der Weinadel von Deidesheim / Neusiedler und Auswanderer | SWR Fernsehen RP
       
      • Der Weinadel von Deidesheim: Eine Hochburg des Wohlstands, der alteingesessenen, reichen Weingüter ist Deidesheim schon lange. Schon im 19. Jahrhundert wurden hier große Weine gemacht, getrunken von Goethe und Wilhelm Busch.
      • Neusiedler und Auswanderer: Seit der Zeit der Kelten herrscht in der Pfalz ein ständiges Kommen und Gehen. Heute sind überall auf der Welt Menschen zu finden, die Pfälzer Wurzeln haben. Und die Pfälzer "daheim" haben ihre Wurzeln in der ganzen Welt.

      Sonntag, 19.04.15
      20:15 - 21:45 Uhr (90 Min.)
      90 Min.
      HD-TV Stereo
      • Der Weinadel von Deidesheim: Eine Hochburg des Wohlstands, der alteingesessenen, reichen Weingüter ist Deidesheim schon lange. Schon im 19. Jahrhundert wurden hier große Weine gemacht, getrunken von Goethe und Wilhelm Busch.
      • Neusiedler und Auswanderer: Seit der Zeit der Kelten herrscht in der Pfalz ein ständiges Kommen und Gehen. Heute sind überall auf der Welt Menschen zu finden, die Pfälzer Wurzeln haben. Und die Pfälzer "daheim" haben ihre Wurzeln in der ganzen Welt.

       
      • Der Weinadel von Deidesheim

      Deidesheim gilt so manchen als heimliche Hauptstadt der Pfalz, obwohl es doch nur ein pittoreskes 4000 Seelen-Weindorf ist. Seit Altkanzler Helmut Kohl Maggie Thatcher und Michail Gorbatschow zum offiziellen Staatsbesuch hierher führte, wurde der Ort auch international ein Begriff und gilt bis heute als Heimat des legendären Saumagens. Eine Hochburg des Wohlstands, der alteingesessenen, reichen Weingüter ist Deidesheim schon viel länger. Hier haben sich einst die großen Winzer-Dynastien wie Bassermann-Jordan und von Buhl angesiedelt, Schlösser und Herrenhäuser bewohnt, sich mit Wappen und Doktortiteln geschmückt. Hier wurden schon im 19. Jahrhundert große Weine gemacht, getrunken von Goethe und Wilhelm Busch.

      In den letzten Jahren wird Deidesheim und Umgebung als das "Nappa Valley" der Pfalz gehandelt. Ein solventer Unternehmer, Achim Niederberger, hat das Städtchen aus einem vorübergehenden Dornröschenschlaf geweckt und mit seinen Investitionen Weintraditionen neu belebt.

      Deidesheim, das über 20 namhafte Weingüter vorzuweisen hat, ist auch für Krimi-Stories gut. Der "Herrgottsacker" wurde vor ein paar Jahren zum Schauplatz eines ruchlosen Verbrechens und machte überregional Schlagzeilen: Weindiebe hatten einem Winzer die besten Trauben im Wert von 100.000 Euro (wie man sagt) gestohlen. Ein Ereignis, das bis heute in der Gegend nachwirkt und viel über den Wert aussagt, der begehrten Weinen aus berühmten Lagen zugeschrieben wird.

      Trotz Modernisierungen besinnt man sich stolz und in aller Ruhe auf seine Traditionen. Am Pfingstdienstag wird seit 1404 der sogenannte "Geißbockmarsch" von Lambrecht nach Deidesheim veranstaltet, wo das Tier vor dem historischen Rathaus versteigert wird. Vor allem zur Kerwezeit bleibt Deidesheim, was es schon immer war. Ein Weinstädtchen, das sich dem "Wein, Weib und Gesang" hingibt.

      Zu Wort kommen Weinmacher wie Stefan Attmann, Gunter Hauck, Richard Grosche oder Andreas Siben, der japanische Investor und Weingutsbesitzer Tokuaka, Lilli Biffar (Kandiermanufaktur), Artur Hahn vom "Deidesheimer Hof" (Helmut Kohls Stammlokal), der Pfälzer Heimatkabarettist Christian "Chako" Habekost und andere Deidesheimer.

      • Neusiedler und Auswanderer

      Weinberge, Mandelblüte, Feigen und Pfirsiche - die Pfalz gilt als die "Toskana Deutschlands". Schwer vorstellbar, dass das Leben für die Menschen in dieser "gesegneten Landschaft" jahrhundertelang vor allem von Kriegen und Not geprägt war, dass sie immer wieder von vorne anfangen mussten und dass viele Pfälzer keinen anderen Ausweg sahen, als ihre Heimat zu verlassen.

      Der Dreißigjährige Krieg und vor allem der Pfälzische Erbfolgekrieg hinterließen Tod und Verwüstung in der Pfalz. Nahezu 80% der Bevölkerung waren vertrieben oder getötet worden, ihre Dörfer, ihre Kirchen, die mächtigen Dome und Burgen zerstört. Aus ganz Europa wurden damals Siedler in die Pfalz geworben: Tiroler, Italiener, Sachsen, Luxemburger und Menschen, die wegen ihrer Religion verfolgt wurden, wie die Mennoniten aus der Schweiz oder die Hugenotten aus Frankreich. Sie alle finden in der Pfalz Zuflucht und ein neues Zuhause und bringen Kenntnisse aus ihrer alten Heimat mit, wie neue Landbaumethoden oder die Art, Häuser zu bauen.

      Die Neusiedler lassen sich auch im Pfälzer Wald nieder. Hier ist das Leben ungleich schwerer als in der Ebene, die Böden sind karg und werfen kaum Ertrag ab. Die Menschen leben von allem, was der Wald hergibt, treiben ihr Vieh in die Wälder und bauen Kartoffeln an. Doch oft reicht das Wenige nicht zum Überleben, bedrohen Kartoffelfäule oder das Verbot, Holz zu sammeln die Existenz. Erneut bleibt vielen nichts anders übrig, als ihre Heimat zu verlassen und auszuwandern. Vor allem in Nord- und Südamerika, aber auch in Osteuropa finden sie ein neues Zuhause.

      Ein paar findige Pfälzer werden zu Berufsmusikern. Sie spielen auf Dorffesten und Hochzeiten in der näheren Umgebung, später bereisen sie ganz Deutschland, und ab Mitte des 19. Jahrhunderts sind die Kapellen aus dem westpfälzischen "Musikantenland" überall auf der Welt unterwegs.

      Über Jahrhunderte ist die Pfalz vom Kommen und Gehen geprägt. Heute sind überall auf der Welt Menschen zu finden, die Pfälzer Wurzeln haben. Und die Pfälzer "daheim" haben ihre Wurzeln in der ganzen Welt.

      Die Pfalz vereinigt sehr verschiedene Regionen: vom einstigen "Armenhaus" bis zur "Toskana" Deutschlands, von der lieblichen Südpfalz, der herberen Westpfalz, der Industriezone nahe des Rheins bis zum größten zusammenhängenden Waldgebiet Deutschlands, dem Pfälzer Wald. Rhein, Wald, Wein - aber auch steinerne Zeugen einer Vergangenheit, in der die Pfalz ein Zentrum kirchlicher und weltlicher Macht war, prägen ihr Bild.

      So unterschiedlich und abwechslungsreich wie die Natur sind auch die Menschen, die hier leben und die im Mittelpunkt der "Pfalzgeschichten" stehen. Sie gelten als weltoffen, freigeistig, fröhlich, gesellig und gemütlich. Dass Kriege und bittere Not durch die Jahrhunderte ihr Leben bestimmten, ist kaum zu spüren - dass die meisten von ihnen ihre Wurzeln in ganz Europa haben, schon eher. Seit der Zeit der Kelten herrscht in der Pfalz ein ständiges Kommen und Gehen. Menschen siedelten sich an und verließen die Region wieder, sei es aus wirtschaftlichen Gründen oder weil die Pfalz ein weiteres Mal zum Schauplatz blutiger Auseinandersetzungen geworden war. Doch trotz aller Unterschiedlichkeiten sehen sich die Menschen, die hier leben, als "Pfälzer" und sind stolz auf ihre Heimat.

      Film von Harold Woetzel

      Wie schon bei den "Schwarzwaldgeschichten" erzählen die Autoren Harold Woetzel und Tilman Büttner Geschichten von Menschen und ihren Schicksalen in vier bildgewaltigen Dokumentationen. Mit aufwendigen Reenactments und 3D-Animationen machen sie die Vergangenheit erlebbar.

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