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Irgendwie scheint der Mittzwanziger sowieso ein bisschen vom Pech verfolgt zu sein. Einmal lief einen Tag vor einer Show ein 6.000-Liter-Aquarium aus, in dem seine Models schwimmen sollten. Passiert, wenn man das Fashionbusiness nicht so angeht, wie die meisten anderen. Denn angefangen hat Mundis Modekarriere mit dem Muster für einen Stoff, der als Einband für das Reykjavíker Telefonbuch fungieren sollte. Er war von dem Entwurf so angetan, dass er einen Pullover aus diesem Stoff produzieren ließ. Der "Mundi Sweater" war bald in aller Munde. Seitdem schlägt sich Mundi als künstlerischer Tausendsassa durchs Leben, der sich immer wieder neue Felder sucht, auf denen er sich austoben kann. Kürzlich hat er einen Weihnachts-Splatter-Film gedreht und nebenbei auch noch ein neues Bankensystem für die Welt entwickelt. Das kann sich "Tracks" nicht entgehen lassen!
Hört sich an wie planloser Lärm mit Potenzial zur Trommelfell-Sprengung, folgt aber durchaus einer Struktur, hinter der musikalische Virtuosen stecken. Es geht Talibam! genauso wie Child Abuse in erster Linie um künstlerischen Ausdruck und nicht um typisches Show-Off-Muckertum. Ihr aller "Pate" ist übrigens: John Zorn - der sieht sich demonstrativ nicht als "Jazzmusiker", lehnt Einordnungen ab, ist Hauptfigur der "Neuen Musik" und Propagandist eines radikalen Judentums.
Dementsprechend kompromisslos ist auch seine Kunst: Free Jazz trifft auf Hardcore trifft auf jüdische Folklore. "Tracks" hat sich mitten hinein gestellt in den genialen Krach von John Zorns Erben und lässt sich erklären, was Lärm von Kunst unterscheidet.
In Zeiten, in denen soziale Netzwerke fast schon wieder old-school sind, verweigert sich Willis Earl Beal der digitalen Welt. Statt mit dem Computer nimmt er seine Songs mit dem Kassettenrekorder auf. Anstatt seine Songs auf Myspace zu posten, lässt er selbst aufgenommene CDs herumliegen. Und Fans sucht er sich nicht per Facebook, sondern mit selbstgemalten Flyern. Willis Earl Beal ist der Meister der naiven Selbstvermarktung: Sogar seine Telefonnummer gibt er preis. Wer ihn anruft, bekommt einen Song zu hören. Wir haben ihn nicht nur an der Strippe, sondern vor der Kamera. Willis Earl Beal in "Tracks".
All die Mühe macht Julia nicht nur für sich selbst, sondern auch für die Popkultur: Bands wie The Decemberists oder Bat for Lashes nutzen ihre Zeichnungen mittlerweile. Julia Potts Markenzeichen sind skurrile Gestalten, die eine Mischung aus Mensch und Tier sind. Julia geht nicht nur mit fliegendem Zeichenstift, sondern auch mit offenen Ohren durch die Welt: Für ihre Animationsfilme nutzt sie Interviews als Vorlage, in denen ihre Mitmenschen zum Beispiel über das erste Verliebtsein reden."Tracks" trifft die Illustratorin, um über erste Liebe, bösen Liebeskummer und seltsame Tierwesen zu sprechen.
Und von den Assoziationsketten von Sänger Maurice Summen wird einem ganz schwindelig. Angefangen haben "Die Türen" als Schülerband auf dem norddeutschen Land. Von der Schulaula ging's dann in den Prenzlauer Berg nach Berlin. Da sie für ihre Musik kein Label fanden, gründeten "Die Türen" einfach selber eins - und sind heute Heimat für Bands wie Bonaparte oder Ja, Panik! Ihr aktuelles Album kann jeder zum persönlichen Gesamtkunstwerk formen - alle Buchstaben von ABCDEFGHIJKLMNOPQRSTUVWXYZ lassen sich zum individuellen Titel zusammensetzen, alles andere wäre ja auch zu langweilig.
In ihren Songs nehmen sich die Türen den Hipster-Menschen zwischen Yoga, Kapitalismuskritik und Kindergeburtstag vor. Wer nicht popkulturell genug sozialisiert ist, muss sich dennoch keine Sorgen machen: Der kann nämlich zum formidablen Sound der Türen auch einfach tanzen. Die Türen - live in "Tracks".
programm.ARD.de © rbb | ARD Play-Out-Center || 29.03.2024