• 01.07.2016
      21:00 Uhr
      Shosholoza Express Dokumentarfilm Deutschland 2009 - Themenschwerpunkt "Südafrika" | ARD alpha
       

      Im neuen Südafrika sind alle gleich: Schwarze, Weiße, Inder und Farbige, so der Anspruch. Auf einer Zugfahrt im "Shosholoza Express" begegnen die Reisenden den Brüchen ihrer Vergangenheit. 20 Jahre nach Ende der Apartheid ist nichts, wie es war, aber auch nichts wie es sein sollte. Auf der Reise durch moderne Stadtzentren, verwahrloste Townships und endlose Weiten erzählt der Film von inneren Grenzen, nicht überwundenen Vorurteilen, unerfüllten Hoffnungen und schwelenden Konflikten. Beatrice Möller hat für die Dreharbeiten sieben Wochen in Südafrika verbracht.

      Freitag, 01.07.16
      21:00 - 22:00 Uhr (60 Min.)
      60 Min.
      Stereo

      Im neuen Südafrika sind alle gleich: Schwarze, Weiße, Inder und Farbige, so der Anspruch. Auf einer Zugfahrt im "Shosholoza Express" begegnen die Reisenden den Brüchen ihrer Vergangenheit. 20 Jahre nach Ende der Apartheid ist nichts, wie es war, aber auch nichts wie es sein sollte. Auf der Reise durch moderne Stadtzentren, verwahrloste Townships und endlose Weiten erzählt der Film von inneren Grenzen, nicht überwundenen Vorurteilen, unerfüllten Hoffnungen und schwelenden Konflikten. Beatrice Möller hat für die Dreharbeiten sieben Wochen in Südafrika verbracht.

       

      "Johannesburg Hauptbahnhof, es ist Montagmorgen - ein frischer Wind weht über den überdachten und noch dunklen Bahnsteig. Ein buntes Treiben herrscht, denn der Zug nach Kapstadt wird bald eintreffen. Eine junge schwarze Frau ist umrundet von übergroßen Gepäckstücken, Plastiktüten und Decken. Sie sieht müde aus. Kinder spielen Fangen zwischen all den Gepäckstücken, die sie als Hindernisse verwenden. Eine lange Reise liegt vor ihnen. Viele Fahrgäste blicken noch ganz verschlafen in die Richtung des Zuges. Ein weißes Pärchen wirkt angespannt. Sie stehen abseits und blicken skeptisch auf das bunte Treiben. Der Mann raucht eine Zigarette während er ständig auf seine Uhr schaut.

      Der Zug hat dreißig Minuten Verspätung. Zwei schwarze Männer verabschieden sich von ihren Familienangehörigen. Alle werden umarmt, die Kinder werden in die Höhe geworfen und kräftig gedrückt. Plötzlich macht sich Aufregung auf dem Bahnsteig breit, denn der verspätete Zug ist in der Ferne zu erkennen. Gemächlich fährt er in den Bahnhof ein. Gepäckstücke werden durch die Fenster in den Zug gehievt. Wolldecken und riesige Plastiktaschen scheinen vom Zugfenster verschluckt zu werden. Und dann muss nur noch das richtige Abteil gefunden werden, während der Zug noch mit Essenvorräten beladen wird. Zugpersonal und Fahrgäste laufen aufgeregt auf und ab. Schwarze, Weiße, Inder und Coloureds steigen in denselben Zug, sogar in denselben Waggon. Das war in Südafrika nicht immer so. Es ist 9:15 Uhr als sich der Shosholoza Meyl Express langsam in Bewegung setzt"

      Die 27-stündige Reise nach Kapstadt kann beginnen - eine Reise, die für den Zugmanager Leonard inzwischen Routine ist, arbeitet er doch schon seit 30 Jahren in diesem Zug, die die beiden älteren eng befreundeten Damen Tilly und Masch zum ersten Mal unternehmen können, die John, einen älteren Herrn, von seinem Besuch bei der Ehegattin zu einer Goldmine bringt, bei der eine gute Position als Vorarbeiter bekommen hat, die James, der zu den Coloured People gehört, von Johannisburg - d.h. von seinem schwarzen Geliebten, einem Zulu - wieder nach Hause, nach Kapstadt, bringt, und die das weiße Ehepaar Botha unternimmt, um die in Kapstadt wohnende Tochter und die kleine Enkelin wiederzusehen. Sie alle äußern sich zur Vergangenheit und zur Gegenwart, zu ihren Wünschen an die Zukunft, zu ihren Enttäuschungen und Ängsten.

      Die Alltagsituationen, die unterschiedlichen Biografien der zufällig zusammen gewürfelten Menschen im Shosholoza Meyl Express, spiegeln den Zustand des Landes, die Ängste und Vorurteile der Einzelnen wider. "Während außen eine romantische, teils unwirkliche Landschaft vorbei zieht, verdunkelt sich die Atmosphäre im Zug. Neben verhärteten Fronten erkennen wir Resignation und Gleichgültigkeit. Ab und zu sehen wir aber auch kleine Funken der Hoffnung aufblitzen. Letztlich sitzen alle Menschen in diesem einen Zug - alle wollen ihr Ziel erreichen - Kapstadt, Johannisburg, Durban - oder doch ein besseres Südafrika?

      Der Film 'Shosholoza Express' sucht keine schwarz-weißen Antworten, sondern wahrhaftige Einblicke in ein Land, das nach wie vor unerwartet viel mit den Wunden der Apartheid zu kämpfen hat. Er ist der Versuch, die Bedeutung und die Langzeitfolgen der Apartheid zu verstehen. Der Film will keine abgeschlossene Geschichte erzählen, sondern vielmehr auf einer Reise die verschiedenen Standpunkte und Welten Südafrikas aufzeigen und verknüpfen. Die Protagonisten, - Schwarze, Weiße, Coloureds (Mischlinge) und Inder - stehen im Mittelpunkt und führen den Zuschauer durch ihre persönlichen Geschichten. Sie beschreiben ihren täglichen Konflikt und den Kampf mit der Vergangenheit. Sie verharren eine Weile in der Erinnerung und schildern uns, wie ihr Südafrika der Zukunft aussehen soll. Am Ende ihrer Reise verlassen sie den Zug, um auf ihrem Weg weiter zu gehen, während der Zug seine Reise fortsetzt" (Presseheft). Und das ist die Route des "Shosholoza Express": von Johannesburg über East London, Musina, Kimberley, Pietermaritzburg, Nelspruit, Komatipoort, Polokwane, Bloemfontein, Port Elizabeth, Kapstadt und Durban und von Durban nach Kapstadt zurück. Beatrice Möller wurde für ihr Filmprojekt beim Dokuwettbewerb von Telepool und dem Bayerischen Rundfunk mit dem ersten Preis ausgezeichnet: Das bedeutet nicht nur ein Preisgeld von 5000 Euro, sondern vor allem die Zusicherung von 140.000 Euro für die Realisierung ihres Films.

      Und Beatrice Möllers Film hat alle Erwartungen, die man in das Projekt setzte, mehr als erfüllt. BEATRICE MÖLLER ZU IHREM FILM: "Während meines Rechercheaufenthalts letzten Sommer habe ich mich erstmals bewusst mit meiner Geschichte und der des Landes auseinandergesetzt und bin auf viele Fragen gestoßen. Welche Spuren hat das alte Apartheids-Regime hinterlassen? Was für ein Mensch wird man, wenn sich alles um die Hautfarbe dreht, zum Beispiel, ob man einen Job bekommt. Wie wächst man auf, wenn Angst vor Gewalt Teil des Alltags ist? Wie lebt man als Schwarzer im neuen Südafrika, obwohl Hass und Erinnerung der Vergangenheit präsent sind? Wie lebt man als Weißer mit dem geschichtlichen Erbe und nun als Teil einer Minderheit? Wie lebt man als Coloured, der früher nicht weiß genug und heute nicht schwarz genug ist? Ist gegenseitige Vergebung überhaupt möglich? Dies alles sind Fragen, die das Leben in Südafrika täglich stellt. .

      Die Kluft zwischen arm und reich wächst ständig. Rassismus und Gewalt nehmen dramatisch zu. Menschen, egal welcher Hautfarbe, haben Angst und verschließen sich vor der Begegnung und der Versöhnung mit den anderen. Der Hass aufeinander und die Skepsis werden immer größer. Es macht mich traurig zu sehen, wie tief die Geschichte ihre Spuren hinterlässt. Es zeigt, dass man zwar Gesetze in einer Gesellschaft ändern kann, es jedoch längst nicht bedeutet, dass die Gesellschaft diese Änderungen annimmt. Im Gegenteil. Ich fühle mich diesem Land und seinen Menschen stark verbunden. Freundschaften sind über die Jahre gewachsen, Konflikte wurden gemeinsam durchlebt, Teile meiner Familie sind zurückgekehrt. Doch neben meinen kindlichen Erinnerungen mischen sich heute viele Fragen und Zweifel. 'Ich möchte meine Erlebnisse und Erfahrungen in Südafrika nutzen und den zuvor gestellten Fragen mit dem Film 'Shosholoza Express' nachgehen. Es ist der Versuch, die Menschen mit ihrem geschichtlichen Erbe und ihrem heutigen Kampf um Identität und Gerechtigkeit zu verstehen.

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      Freitag, 01.07.16
      21:00 - 22:00 Uhr (60 Min.)
      60 Min.
      Stereo

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